|
Post by Benedetto on Jan 13, 2015 20:46:15 GMT
Die Nachricht erreichte Ferrucio im Mai, in einer ruhigen Frühlingsnacht. Die Luft war angenehm mild und der beinahe volle Mond warf ein großzügiges Licht auf die Stadt Genua und ihr Umland. Doch die Nachricht verriet, dass es die Ruhe vor dem Sturm war. "Die Vorbereitungen sind getroffen. Kommt nach San Marcellino. Vermeidet die Augen der Bettler um das Kloster." Es waren die Worte Benedettos.
Auch der Clansbruder des dicken Mönchs, Titus von den Kappadozianern, war benachrichtigt worden. Benedetto hatte ihm erklärt, dass sie sich für eine letzte Besprechung treffen würden, bevor die Falle zuschnappen sollte. Auch war es eine gute Gelegenheit, um Ferrucio kennenzulernen, wie der Fette seinem neuen Mitbewohner erklärte.
So kam es, dass der Mönch und Titus nicht lange danach in einem kleinen Nebengebäude des Klosters standen, fernab von neugierigen Ohren. Ein Tisch und drei Stühle waren im selben Raum bereitgestellt worden, aber Benedetto setzte sich noch nicht. Stattdessen hieß er Titus warten und verließ den Raum. Kurz darauf führte er die zerlumpte Gestalt des Malkavianer-Priesters herein, der zur Hinterpforte hineingeschlichen war.
Dann faltete er die Hände. "Bruder Titus, Bruder Ferrucio - ich danke euch beiden für euer Erscheinen. Wie ihr wisst, stehen wir kurz vor dem Abschluss dieser schändlichen Angelegenheit. Doch zuerst soll dem Protokoll genüge getan werden." Er trat einen Schritt zurück, damit die anderen sich einander vorstellen konnten.
Der fette Mönch faltete die Hände und wartete.
|
|
Titus
Apostatae
Posts: 87
|
Post by Titus on Jan 13, 2015 23:26:41 GMT
Titus hatte sich soweit es ginge vorbereitet. Schon eine Nacht zuvor hatte er ausgiebig gejagt und genügend Blut zu sich genommen. Am Abend des Treffens selbst hatte er seine Rüstung angelegt und seinen Rosenkranz sichtbar um den Hals gelegt. Er wusste nicht genau, ob es nach den Treffen direkt losgehen würde, doch falls nicht konnte er in der Rüstung einen gewissen Eindruck schinden, der seine Wirkung sicherlich nicht verfehlte. Sein großes Bastardschwert hatte er in der Scheide an der Wand des Raumes gelehnt.
Als Benedette mit dem Malkavinaner den Raum betrat blickte er diesen mit ruhiger und entschlossener Miene an. Aufrecht und scheinbar unerschütterlich stand er da. Nach Bendettos einleitenden Worten trat er ein bisschen näher an den Malkavianer heran und erhob seine Stimme, die von einer gewissen Höflichkeit und Respekt getragen war.
"Gott zum Gruße, Bruder Ferrucio. Mein Name ist Titus und ich bin Neugeborener vom Blute des Kappadozius. Es ist mir eine Freude, Euch kennen zu lernen."
|
|
|
Post by Ferrucio Erminio on Jan 15, 2015 8:50:07 GMT
Ein Skelett, verglichen mit dem Mönch, in Lumpen betrat den Raum. Der Malkavianer war recht hager, mit eingefallenen Wangen und hoch gewachsen. Hastig trat er ein und besah den Gepanzerten mit kalten, blauen Augen.
"Titus, vom edlen Blute Kappadozius'...seid mir gegrüßt, Bruder im Glaube. Ferrucio Erminio 'Vates', vom Blut des großen Malkav. Euer Blutsbruder sprach in lobenden Tönen von Euch. Wie schön einen solch kräftigen Schwertarm und devoten Bruder an unserer Seite zu wissen."
Er lächelte steif und neigte sein Haupt vor dem Ritter bevor er sich wieder an Benedetto wandte. "Heute Nacht ist es also soweit?"
|
|
|
Post by Benedetto on Jan 15, 2015 17:06:02 GMT
Benedetto lächelte. "Gemach, werter Freund." Er trat erneut vor. "Heute Nacht besprechen wir die letzten notwendigen Schritte. Und sobald diese geplant sind, können wir zur Tat schreiten. Ich vermute allerdings, dass die Vorbereitung noch ein wenig Zeit brauchen wird. Denn zuallererst müssen wir über Strategie reden."
Der fette Mönch drehte sich zu seinem Clansbruder. "Werter Titus, ich bin kein Krieger und obgleich ich einen Plan fassen kann, so ist mir die Realität eines solchen... Zugriffs doch eher fremd. Somit sei euer Anteil am Gelingen unseres Vorhaben die strategische Planung. Dabei fehlt es uns bedauerlicherweise an Hilfe, denn ich habe keine kampferfahrenen Blutsdiener. Wir müssen also aus unseren beschränkten Möglichkeiten das Beste machen."
Benedetto legte eine Wachstafel auf den Tisch und wies die anderen Kainskinder an, sich zu setzen. "Das hier ist der Grundriss des Gasthauses." Er zeigte auf in das Wachs eingeritzte Formen. "Ein möglicher Ort für das Treffen, aber natürlich hält unsere Puppe die angeblichen Trümpfe in die Hand und wir haben daher wohl etwas Spielraum. Sobald die Ankündigung gemacht wurde, dass die Reliquie gefunden sei, wird der Wirt Andrea sich verbergen - seiner Sicherheit zuliebe."
Der Mönch verschränkte die Arme. "Bruder Titus, wäre ein Gasthaus ein geeigneter Ort? Oder habt ihr andere, bessere Vorschläge? Bedenkt, dass Unschuldige dort verkehren und zu Schaden kommen könnten. Andererseits fiele es uns sicher leichter, uns unter ihnen zu verbergen..."
|
|
Titus
Apostatae
Posts: 87
|
Post by Titus on Jan 19, 2015 18:53:17 GMT
Titus betrachtete den Grundriss.
"Die Frage ist, wer genau kommt, um das angeblich gefundene Relikt abzuholen. In wie weit trifft er sich mit dem Überbringer in der Öffentlichkeit. Eine Falle stellt sich leichter, wenn das Treffen in kleinem und geheimen Rahmen abgehalten wird. In einer Schankstube könnte es, sollte es zu Kampfhandlungen kommen, Schaden unter den Sterblichen geben, das will ich nicht ausschließen."
Er sah Bruder Benedetto an.
"Wer glaubt Ihr wird erscheinen?"
|
|
|
Post by Benedetto on Jan 19, 2015 19:27:48 GMT
"Der Regent wird mit Sicherheit nicht selbst erscheinen, wenn er nicht dazu gezwungen wird. Er wird Giovanni senden, vielleicht auch Sebastiano. Ich vermute, dass der Wirt Andrea danach als lästiger Zeuge beseitigt werden würde..." Benedetto verschränkte die Arme. "Und darum wird er sich, wie gesagt, verbergen und die Nachricht senden, dass er den Herren Giovannis selbst sprechen möchte - als Garantie für sein eigenes Leben."
Der dicke Mönch rieb sich das Kinn. "Wir müssen einen Ort für das Treffen auswählen, an dem sich der Dormitor sicher fühlt, sonst wird er keinesfalls entscheiden. Am besten einen Ort, an dem dieser selbst den Vorteil zu haben glaubt. Andrea wird mit ein paar seiner Spießgesellen dort aufschlagen, damit muss er rechnen - und er muss einen Weg finden, sie aus dem Weg zu räumen."
Dann zuckte er mit den Schultern. "Im Gasthaus würde es ihm schwerfallen, kein Aufsehen zu erregen. Vielleicht eine der Ruinen im Umfeld der Stadt? Viele der Gebäude im Umland, die den Plünderern zum Opfer fielen, sind nicht wieder aufgebaut worden." Er grinste leicht. "Eine Ruine, in der sich Andrea sicher fühlt, angeblich. Eine Ruine, wo ihn der Regent anscheinend risikofrei beseitigen kann." Dann hob er den Zeigefinger. "Eine Ruine, wo wir uns verbergen können - und ihn überraschen!"
|
|
|
Post by Ferrucio Erminio on Jan 22, 2015 19:03:00 GMT
Still und starr hatte der Priester im Hintergrund gelauscht.
"Ruinen gibt es viele über Stadt und Umland verteilt. Eine zu finden ist nicht schwer aber wird der Regent nicht Späher aussenden zuerst?"
Er murmelte in sich hinein und sah ratlos in die Finsternis. "Aber wenn es der einzige Weg ist Meister und Relique zu finden, dann muss es wohl sein. Nur von geheiligtem Boden sollten wir fernbleiben. Solch Messerarbeit geziemt sich nicht auf Gottes Acker."
|
|
|
Post by Il Narratore on Jan 31, 2015 20:37:39 GMT
Just in dem Moment, da Ferrucio diesen ersten Satz gesagt hatte, überkam es ihm. Als wehe ein unfühlbarer Wind, ein lautloses Gewitter, ein lichtloser Blitz das Kloster fort, als blättere die Welt Schicht um Schicht sich vor ihm und dem allsehenden Auge des HERRN auf, war er allein und schwebte über einer Szene ganz wie dieser. Er sah Titus und Benedetto in einem dunklen Kellerraum wie diesem hier, doch nicht beratend beieinander sondern lauernd und wartend in einer Ecke. Auf dem Tische in der Mitte des Raumes, beschienen von schummrigem Licht einer Fackel lag auf einem weißen Tuch, benetzt mit dem Schweiß des Herrn, ein blutende Lanze und weinte. Und er sah sie verrotten. Die Jahrhunderte zogen an den Nekromanten vorbei, während sie ihrem Blute entsprechend verdarben und bei untotem Leibe mehr und mehr verdorrten, den Leichen gleich wurden, deren Geheimnisse sie so gerne stahlen. Er fühlte auch an sich einen Sog und die Zeit eilen, schneller und schneller, bis alles nurmehr Staub und Asche war. Ferrucio konnte es eindeutig sehen: Niemand würde kommen zu diesem Treffen, niemand eine falsche Reliquie abholen und niemand seinen Hals aus der Finsternis strecken. Ein Geräusch nur schwebte donnerte durch die Nacht an die Ohren des Malkavianers, ein Satz, gesprochen von der Stimme des falschen Priesters: "Wir werden wissen, wenn die wahre Reliquie gefunden ist!"
|
|
|
Post by Ferrucio Erminio on Feb 1, 2015 0:08:43 GMT
Ferrucio taumelte zurück ob der Gewalt der Bilder bis er mit dem Rücken an die kalte, nackte Wand stieß. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er in die Leere und stammelte unverständlich vor sich hin. Mal in Latein, mal Italienisch, mal Griechisch in zusammenhanglosen Fetzen. Schließlich fiel er auf die Knie und hob die Hände flehend gen Himmel. "Herr, du macht Narren aus uns. Narren." Er ließ die Hände sinken und erhob sich wieder nachdem er sich dreimal bekreuzigte. "Brüder wir vergeuden Zeit. Niemand wird kommen. Nicht jetzt und nicht später. Der Herr sandte mir eine Vision und ich sah euch alleine verwelken, geduldig wartend. Die wahre Reliquie ist noch nicht gefunden, der Speer ist...nicht das was wir suchen." Mit einem Seufzer griff er nach dem Rosenkranz um seinen Hals und begann leise zu beten. "Vater unser der du bist im Himmel..." Er sah zu den Kappadozianern auf. "Giovannis Stimme hallte in meinen Ohren. Ich glaube auch er und sein Meister warten darauf, dass die Reliqiue gefunden wird."
|
|
|
Post by Benedetto on Feb 1, 2015 9:05:21 GMT
Benedetto runzelte die Stirn, nun offenbar völlig verwirrt. "Der Speer? Welcher Speer? Redet ihr von der Lanze der heiligen Agnes, welche diese Händler gefunden haben? Natürlich ist das nicht die Reliquie, die wir suchen. Wir suchen nach etwas, das dem heiligen Syrus gehört hat." Er verschränkte die Arme. "Und gerade weil die beiden warten, wird unser Plan ja funktionieren!"
|
|
|
Post by Ferrucio Erminio on Feb 8, 2015 10:13:43 GMT
"Niemand wird kommen, Bruder. Niemand wird kommen so sprach es der HERR", sagte Ferrucio mit fester Stimme. "Titus." Der Prediger wandte sich an den Kreuzritter. "Redet Sinn in euren Blutsbruder. Wir brauchen einen neuen Plan."
|
|
|
Post by Il Narratore on Feb 8, 2015 20:47:30 GMT
Der Ritter hatte mit verschränkten Armen und einem nachdenklichen Ausdruck auf dem bleichen Gesicht am Tisch gestanden. Er hatte verfolgt, wie der Malkavianer seiner Liebe zu Gott Ausdruck verliehen, sich auf die Knie hatte fallen lassen und gebetet hatte, woraufhin auch Titus zumindest mit einigen gemurmelten Zeilen des Pater Noster und einer Bekreuzigung eingestimmt hatte.
"Warum glaubt ihr, Bruder Benedetto, es kommt ihnen auf diese Reliquie an? Der falsche Priester Giovanni mag es behauptet haben, aber bedenkt wem gegenüber! Ein Trunkenbold, Zuhälter, Grabräuber ist dieser Andrea - ich würde ihm nicht mehr sagen, als er wissen muss", wandte er dann ein. "Was, wenn die Suche nach der Reliquie nur ein Vorwand ist, lästige Fragen abzuwehren? Dann hätte es bisher funktioniert."
|
|
|
Post by Benedetto on Feb 8, 2015 22:00:02 GMT
"Mh..." Der dicke Mönch rieb sich das Kinn. "In der Mitte des Friedhofs liegt eine Gruppe von alten Gräbern. Die Beschreibung, die den Grabräubern gegeben wurde, passt auf diese Stelle. Dort habe ich vor Jahren in einem Grab einen alten Tunnel entdeckt... nun ja, mehr so eine Höhle, wie von einem sehr großen Tier, aber sie war versteckt unter einem Stein." Er kratzte sich den Kopf.
"Dort traf ich nach einigen Nächten den Nosferatu Godeoc. Dort ist der einzige Ort, den die Grabräuber noch nicht abgesucht haben. Dort muss die Lösung des Rätsels liegen. Aber der Nosferatu beansprucht den Friedhof für sich und seine Katzen haben die Grabräuber beobachtet." Er verschränkte die Arme. "Dort muss die Lösung des Rätsels liegen... aber was tun? Sollen wir die Pläne des Bösen vereiteln, indem wir selbst die Raubgräber dorthin schicken? Das können wir nicht."
Benedetto senkte den Kopf. "Die dort begraben liegen, sind Heiden. Aber wir könnten Godeoc in unsere Pläne einweihen - oder Zugang zum Friedhof gegen einen Gefallen von Godeoc erhalten. Was sagt ihr dazu?"
|
|
|
Post by Ferrucio Erminio on Feb 9, 2015 0:31:43 GMT
"Heiden haben keinen Anspruch auf ein ruhiges Grab." Ferrucio verschränkte die Arme und legte die Stirn in grübelnde Falten. "Der Nosferatu ist er...freundlich gesinnt? Eventuell können wir um seine Hilfe ersuchen. Meiner Erfahrung nach sind sie außerordentlich unterschätze Brüder, die Verborgenen. Tugendhaft und gottesfürchtig sind viele unter ihnen. Wertvolle Informanten allemal."
Er kratze sich am Kinn. "Was hält uns davon ab ihn in unsere Misere einzuweihen? Wir könnten ihn eine Schuld anbieten im Gegenzug zu seinem Entgegenkommen. Immerhin liegt es uns fern die Ansprüche des Mannes zu missachten, nicht wahr?"
|
|
|
Post by Benedetto on Feb 9, 2015 1:10:08 GMT
"Der Nosferatu und ich haben bisher keinen Grund für Feindseligkeit gefunden." Benedetto lächelte enigmatisch. "Aber ich fürchte, er wird viel verlangen für seine Erlaubnis. Und gottesfürchtig... ich weiß nicht. Er liebt es zumindest, anderen Schrecken einzujagen. Aber gut, ich denke uns bleibt keine andere Wahl." Benedetto erhob sich. "Suchen wir den Platz der schwarzen Katzen auf. Bruder Titus, am besten haltet ihr hier die Stellung, während Bruder Ferrucio und ich mit dem Verborgenen verhandeln."
---
Einige Zeit später standen die beiden Kainskinder am Rand des Platzes, wo sie respektvoll und ehrerbietig auf die Ankunft des Godeoc warteten...
|
|