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Post by Alerio on Jun 26, 2015 19:33:14 GMT
Der Ghul Pietro war gestresst und müde. Tage war er unterwegs gewesen. Hatte mehrere Kilometer zurück gelegt und in der Stadt quasi jeden Zentimeter von Platealonga abgesucht. Nun musste er schon wieder los. Raus vor die Stadt. Erneut in das Dörfchen Burgus. Schwer atmend und wirklich elend aussehend, kam er bei der Taverne Basilisco an. Ohne sich lange aufzuhalten ging er auf den Wirt zu und übermittelte ihm eine Nachricht für Bruder Benedetto:
Sein Herr Alerio, würde die Hilfe des werten Bruders benötigen und es wäre daher gern gesehen, wenn dieser sich so schnell wie möglich auf den Weg nach Platealonga machen würde. Es wäre dringend. Er (Pietro) würde ihn jederzeit beim Hauptquartier der Miliz erwarten.
Danach verließ er die Schenke wieder so eilig, wie er sie betreten hatte und begab sich zurück in die Stadt, um weitere Aufgaben zu erledigen.
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Post by Benedetto on Jun 26, 2015 20:18:53 GMT
Der dicke Kappadozianer hatte an seinem Stuhl im Scriptorium Platz genommen. Sorgsam hatte er das getrocknete Wachs angeschmolzen und drei neue Kerzen darauf befestigt. Mit Geduld schabte er vorsichtig über das Pergament vor ihm, entfernte die Reste von der Stümperei eines ungeschickten Novizen. Dann legte er Pinsel und Farbe, Federn und Tinte bereit. Zärtlich betrachtete er die Seite, die bald einem neuen, höheren Zweck dienen würde.
Er spitzte die Feder mit kritischem Blick, legte die Wachstafeln vor sich wie Schätze aus. Für einen Moment betrachtete er die Notizen darauf, brachte sie vor seinem geistigen Auge in gottgefällige Reihenfolge. Ordnung, das war das Geheimnis. Ordnung und Sorgfalt. Nach einem letzten Blick über das Arrangement nickte er zufrieden. Dann nahm er die Feder zur Hand, tunkte sie in die Tinte und - wie immer im Moment vor dem Schreiben - hielt einen Moment inne, genoss den Augenblick.
In diesem Moment knallte die Tür auf und ein Windzug durchfuhr das Scriptorium, vom Kreuzgang kommend und durch die Fenster der Schreibstube entfliehend. Die Kerzen flackerten, erloschen. Benedettos Kopf fuhr hoch und fixierte Marius, der schwer atmend im Türeingang stand. Sein erster Impuls war, den jungen Mönch mit jedem Leiden zu schlagen, zu dem er fähig war. Doch er bekämpfte die Wut und konzentrierte sie, so wie er es geübt hatte.
"Was. Bedeutet. Dieser. Aufruhr?" Die Stimme war kontrolliert, doch niemand hätte den Tonfall missverstehen können. Marius warf sich wimmernd auf den Boden. "Verzeiht, Bruder - aber, ein Notfall!"
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Keine halbe Stunde später eilte die breite Gestalt des Kappadozianers aus der Abtei. Benedetto ignorierte die Bauarbeiten, die er noch vor kurzem so kritisch betrachtet hatte. Er ignorierte den Torwächter, der schläfrig den Kopf hob. Er machte nur halt um seinen Wanderstab zu greifen, dann eilte er auf die Straße hinaus. Noch war die Nacht nicht alt - und sie versprach, aufregend zu werden.
Benedetto hasste Aufregung.
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Post by Alerio on Jun 26, 2015 21:48:19 GMT
Unruhig lief der kleine Lasombra durch seine Wohnstube. Nachdenkend, grübelnd. Hunderte Dinge gingen ihm gleichzeitig durch den Kopf. Unzufrieden und sehr missmutig war sein Gesichtsausdruck dabei. Er war mit der Situation nicht zufrieden, überhaupt nicht. Alles was er tat schien ihm nicht gut genug. Doch es mangelte ihm an Spuren und Hinweisen. Ungeduldig wartete er auf den Kappadozianer, unwissend, wann er ihn erwarten konnte. Unsicher, was er sonst als nächstes tun sollte.
Pietro hielt sich derweil im Hauptquartier der Miliz auf und hatte endlich mal Gelegenheit sich auszuruhen. Schläfrig döste er auf einer Bank im Aufenthaltsraum. Er rechnete nicht damit, dass der Vampir so schnell ankommen würde und nutzte daher die Zeit, die er endlich mal Ruhe hatte.
So bald Benedetto ankommen würde, würde die Wache an der Tür, Pietro benachrichtigen, der unschön aufgeschreckt werden und sich dann missgelaunt dem Eingang nähern würde, um den Kainiten in Empfang zu nehmen.
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Post by Benedetto on Jun 26, 2015 21:56:23 GMT
Benedetto war zügig vorangekommen, denn er schritt erstaunlich schnell aus für einen Mann seines Körpergewichtes. Erst auf den letzten Metern des Weges fiel er in seinen üblichen wackelnden Gang zurück. Langsamer, aber weiterhin zielstrebig, näherte er sich dem Gebäude. Sein Blick glitt an der Fassade auf und ab und er runzelte die Stirn. Noch zu gut konnte er sich an sein letztes Gespräch mit Antigonos erinnern. Aber er war nicht für den Brujah hier.
Er pochte an die Tür, meldete seine Anwesenheit und wartete. Als Pietro auftauchte, würde er ihn ernst, aber höflich begrüßen. Sollte der Ghul jedoch seine schlechte Laune in Worten ausdrücken, so würde Benedetto ihn scharf zurechtweisen und ihm befehlen, ihn direkt zu Alerio zu bringen - in einem ungewöhnlich dominanten Tonfall.
So oder so kam Benedetto nur wenige Stunden, nachdem die Nachricht überbracht worden war, bei Alerio an. Trotz der Dringlichkeit der ganzen Situation verpasste er es nicht, ein wenig respektvoller als sonst das Haupt zu neigen. Alerio hatte immerhin einen Titel erhalten... und auch wenn der Kappadozianer wenig darauf gab, so respektierte er anscheinend doch den Willen der Prinzessin Aurore.
Dann erkundigte er sich so knapp, wie es die grundsätzlichste Höflichkeit zuließ, nach der Art des Zwischenfalls, wegen dessen man ihn hergerufen hatte...
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Post by Alerio on Jun 26, 2015 22:30:03 GMT
Der Ghul war natürlich nicht so dumm seine schlechte Laune an dem Vampir auszulassen. Nein, höflich und zuvorkommend wie immer, grüßte er den Mönch - im Beisein der Wache nur dezent - und bat ihn ihm zu folgen. Als sie sich von dem Milizgebäude und der Wache entfernt hatten, verbeugte er sich richtig und dankte Benedetto für sein schnelles Kommen.
Die Zuflucht des kleinen Lasombra war nicht weit entfernt. Schnell waren sie da und der Ghul führte den Kappadozianer in den Wohnraum des unscheinbaren Hauses. Alerio kam ihnen entgegen und begrüßte den Kappadozianer erfreut "Schön euch zu sehen. Ihr wart recht schnell. Habt Dank dafür."
Dann wurde sein Ausdruck wieder ernst und er kam direkt zum Punkt: "Mir wurde vor zwei Tagen ein Körper vor die Tür gelegt." Er sprach seine Worte sachlich und behielt den ernsten seriösen Ausdruck, doch innerlich schmerzte ihn die Erinnerung. "Vielleicht könntet ihr ihn euch ansehen? Er hat seltsame Wunden...und ich kann damit nichts anfangen." Dem Lasombra war bewusst, dass er dafür sicher einen Gefallen geben musste, doch das war ihm Recht. "Ihr kennt euch doch mit sowas aus, nicht wahr? Mit Wunden und Verletzungen des menschlichen Körpers? Und was sie verursacht haben könnte?"
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Post by Benedetto on Jun 26, 2015 22:43:09 GMT
Benedetto hörte mit versteinertem Gesicht zu. Dann, als Alerio geendet hatte, nickte er langsam. "Wenn er noch gelebt hätte, so hätte ich euch an Yasir verwiesen, den Neuankömmling aus den Reihen der Banu Hakim. Aber da er bereits tot ist..." Er griff in seine Tasche und fühlte darin herum "...seid ihr bei mir an der richtigen Adresse. Erzählt mir alles, was ihr über den Toten wisst."
Während er sprach, zog Benedetto ein Lederetui aus der Tasche und klemmte es sich unter den Arm, während er den Wanderstab an die Wand lehnte. Dann zog er aus seiner Umhängetasche ein kleines, aber ausgesprochen scharf wirkendes Messer heraus. "Ich nehme an, dass ihr nicht wisst, wer euch damit eine Botschaft schicken wollte. Aber wisst ihr vielleicht, was die Botschaft besagen sollte?"
Dass es eine Botschaft war, daran zweifelte Benedetto offenbar nicht - schließlich hatte Alerio es selbst gesagt: Der Körper war vor die Tür gelegt worden. "Ich muss mir die Leiche ansehen", sagte der Kappadozianer. "Führt mich dorthin."
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Post by Alerio on Jun 26, 2015 23:20:55 GMT
Darauf hatte der kleine Vampir nur gewartet ohne lange zögern, wandte er sich um und ging auf eine hinten im Raum zu und öffnete sie. Er schaute kurz ob Benedetto ihm folgen würde, dann stieg er die Treppen dahinter hinab. Währenddessen erzählte er dem Kappadozianer was er wusste. "Ich habe keine Ahnung wer das war oder was er damit sagen wollte." So ganz sicher klang der Lasombra dabei nicht, anscheinend gab es da schon etwas, das ihm durch den Kopf ging. Doch entweder wollte er es nicht sagen oder hielt es nicht für relevant.
Der Keller war dunkel, kalt und feucht...und roch furchtbar, den Grund konnte sich Benedetto sicher vorstellen. Doch den Vampiren machte das ja nichts aus, nur Pietro der hinter ihnen die Treppe mit einer Lampe runterkam, hielt sich die Nase zu und verzog mit Abscheu das Gesicht. Vor Ihnen erstreckte sich ein kurzer Gang an den ein paar Räume anschlossen. Alerio öffnete eine Tür, die in einen nahezu leeren kleinen Raum führte. Die Wände, der Boden und Decke bestanden einfach nur aus festgestampfter Erde. Inmitten des Raumes, einfach auf dem blanken Boden, lag ein Körper bedeckt mit einer Decke.
Alerio ging darauf zu und zog die Decke fort. Der Körper eines jungen Mannes kam zum Vorschein. Ca. 30 Jahre alt. Der Körper lag schon ein paar Tage und war daher recht unansehnlich geworden. Die Kehle war großflächig aufgerissen. Doch Blut konnte man nicht sehen. "Das eigentlich komische, sind die Wunden am Rücken." Er deutete Pietro den Körper zu drehen. Angeekelt und wahrlich nicht begeistert tat er wie ihm gehießen. Danach brachte er sich so schnell wie möglich wieder in Entfernung zu der verwesenden Leiche und wischte sich angewidert die Hände an der Kleidung ab. Auf dem Rücken des Toten ließen sich zwei lange Schnitte festzustellen, die ihm anscheinend die Rippen von der Wirbelsäule getrennt haben. "Wozu sollte man das tun?" fragte Alerio und schaute Benedetto fragend an. "Könnt ihr was zu diesen Wunden sagen? Wie sie verursacht wurden und vielleicht aus welchem Grund?"
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Post by Benedetto on Jun 26, 2015 23:33:05 GMT
"Höchst interessant." Benedetto rieb sich das Kinn und begutachtete die seltsamen Wunden. "Verursacht mit einer scharfen Klinge oder vergleichbarem. Der Grund dafür ist mir nicht klar... noch nicht." Er schaute Alerio und Pietro an, wandte sich zuerst an den Ghul. "Ich brauche mehr Licht. Bringt Lampen, Kerzen... was ihr habt. Außerdem einen Tisch. Heißes Wasser und Tücher."
Als der Ghul verschwunden war, wandte sich Benedetto an Alerio. "Ich werde sehen, was ich herausfinden kann. Aber eines müsst ihr bedenken. Meine Methoden sind invasiv. Sie werden Ergebnisse bringen, aber ich werde den Leichnam dafür beschädigen müssen. Und ich gebe noch etwas zu bedenken: Die Wunde an der Kehle deutet auf einen der unsrigen hin. Kein Blut - ausgesprochen unwahrscheinlich, wenn der Leichnam nicht gewaschen und gereinigt wurde und danach sieht es nicht aus."
Er blickte mit zusammengezogenen Augenbrauen auf den Körper. "Ihr solltet unabhängig vom Ergebnis der Untersuchung auf eure Sicherheit achten. Es ist gut möglich, dass ihr einen Feind habt."
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Post by Alerio on Jun 27, 2015 21:33:44 GMT
So schnell wie es ihm möglich war beschaffte Pietro die benötigten Sachen. Mit dem Tisch hatte er so seine Probleme, ihn die Treppe herunterzutragen und in dem schmalen Gang und dem kleinen Raum zu manövrieren, erwies sich als recht umständlich. Kerzen und Öllampen hatte er hingegen schneller besorgt und auch heißes Wasser, dass er erst oben an der Kochstelle erwärmen musste, fanden ihren Weg in den Keller. Genauso begeistert wie zuvor musste er nun noch den Leichnam auf den Tisch hiefen.
Währenddessen wandte sich Alerio Benedetto zu. Er schaute nicht glücklich, aber das tat er schon den ganzen Abend nicht. "Wenn es sein muss...dann ist das so. Hauptsache ihr findet Antworten." "Ja, der Gedanke war mir auch gleich gekommen." antwortete er während er die Wunde an der Kehle betrachtete. "Doch warum so übertrieben?" fragte er mehr sich selbst, als dass er von dem Kappadozianer eine Antwort darauf wollte.
Auf Benedettos letzte Bemerkung hin schnaubte er nur abfällig. "Das ist wohl offensichtlich. Leider."
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Post by Benedetto on Jun 27, 2015 22:08:17 GMT
"Jede Leiche erzählt eine Geschichte. Dies könnte Bezug auf etwas nehmen, was ihr getan habt. Oder es ist eine kultische Handlung. Vielleicht wurde der Täter gestört und konnte sein Werk nicht vollenden, entschied sich aber trotzdem, die Leiche bei euch derartig zu platzieren." Benedetto öffnete das Lederetui. Zangen, Klemmen und Eisenspieße kamen zum Vorschein, weitere Messer mit scharfen Klingen. Wären die Werkzeuge nicht so klein gewesen, man hätte sie für das Handwerkszeug eines Schlachters halten können.
Er nickte Pietro zu, dann half er dem Ghul, die Leiche auf dem Tisch zu platzieren. Berührungsängste schien er keine zu haben, im Gegenteil. Nachdem der Körper dort lag, fuhren die dicken Finger fast liebevoll den kalten, toten Arm entlang. Benedetto wandte den Kopf halb zu Alerio. "Lasst uns allein..."
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Als der Lasombra den Raum verlassen hatte, begann der Kappadozianer mit seiner Untersuchung. Er wusch sich die Hände, dann platzierte er eine Wachstafel neben dem Leichnam. Er begann mit der offensichtlichen Wunde an der Kehle des Toten, begutachtete diese und überlegte, ob eine Waffe oder vielleicht doch das Gebiss eines Raubtieres dafür verantwortlich war.
Dann wandte er seine Aufmerksamkeit den Wunden am Rücken am Rücken zu. Was konnte diese verursacht haben? Waren innere Organe entnommen worden? Und wenn nicht, welchem Zweck mochten sie sonst dienen? Vom geöffneten Rücken aus begutachtete Benedetto auch das Innere des Körpers, notierte Zustand der Organe an sich sowie des Bauchinnenraumes. Prüfte zudem, wieviel Blut im Körper verblieben war - und verglich es damit, wieviel Blut darin hätte sein sollen.
Als nächstes untersuchte er Fingernägel und Haare des Opfers. Waren unter den einen Spuren von Haut zu finden, waren die anderen teils ausgerissen - kurz, war es zu einem längeren Kampf gekommen? Abschließend trat er einen Schritt zurück und begutachtete noch einmal den gesamten Körper, achtete auf Details, die er bisher übersehen haben konnte.
Schließlich wusch er sich die Hände erneut und ergriff sein Messer. Dann setzte er gekonnt die Klinge am Auge an, fuhr dahinter und trennte sorgsam den Augapfel heraus. Für einen Moment begutachtete er diesen, dann legte er ihn sich respektvoll auf die Zunge. Langsam schloss er den Mund und schluckte. Er schloss die Augen und schwieg lange.
Dann ordnete er die gewonnenen Erkenntnisse in seinem Kopf.
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Medizinische Untersuchung (Int&Medizin) 3|bwSS|i7d10
Nekromantisches Ritual (Int&Okkult gg. SW 4) 5d107d10·5d10
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Post by Il Narratore on Jun 28, 2015 12:02:47 GMT
"Nein, Tonino, nicht hier. Wenn Edoardo uns sieht - oder schlimmer: Mutter!", flüsterte eine Stimme ganz dicht an Benedettos Ohr. Es war ein seltsames Gefühl, so völlig losgelöst zu sein. Das Bild und der Ton waren erstaunlich klar, er hörte und sah ausgezeichnet. Doch er fühlte sich wie sonst auch: Schwer und ohne Gefühl in den Fingern, der Haut. Die Wärme der Frau, die sich auf seinem Schoß befand, ging ihm verloren, ihre Finger und Hände verursachten keinerlei Regung in dem kalten, toten Körper, den er in Beschlag genommen hatte. Der Liebesakt war schnell und lieblos von statten gegangen, umso kälter als dass ihr Stöhnen nur durch den milchigen Schleier des Todes an sein Ohr drang.
Tonino, und mit ihm Benedetto, schlenderte wenige Minuten später durch die Vicolo dei Ladri, die Diebesgasse, kaum drei Querstraßen vom Hauptquartier der Miliz nach Clavicula hin entfernt. An seiner Seite war noch das junge Mädchen. Sie verabschiedeten sich an der Ecke vor ihrem Haus, denn es war noch nicht gänzlich Dunkel und sie wollten auf keinen Fall zusammen gesehen werden. Ihre Umarmung war kurz, der Kuss nur umso leidenschaftlicher. Der Mann hatte sich umgedreht und wollte in Richtung Süden gehen. Ein großer, zottiger Hund stand vor dem Opfer in der Gasse und versperrte ihm den Weg. Er machte sich zum Sprung bereit, grollte mit der tiefen Stimme der Brandung. Ein feuchtes Patschen erklang hinter ihm. Das Sichtfeld fuhr herum, Benedetto erhaschte einen Blick auf eine kleine, blasse Person mit wilden schwarzen Haaren. Dann landete Tonino kopfüber im Dreck. Pfoten, überall Pfoten, der riesige Köter an seiner Kehle. Knurren und das Geräusch reißender Haut und hilfloses Klatschen von Fleisch im schlammigen Boden. Immer wieder diese Stimme: Fass! Töte! Er hatte sie schon einmal gehört, irgendwann in den letzten hundert Jahren.
Die Wunden am Körper passten dazu. Einige Haare fanden sich unter den Fingernägeln, aber kein Fleisch oder gar Haut, höchstens Schlamm und Unrat von der Straße, als Tonino sich im Todeskampf in den Boden gegraben hatte. Seine Kehle war von den Kiefern eines großen Hundes in Stücke gefetzt worden. Die Organe und alle weiteren Dinge waren völlig intakt. Man hatte ihm lediglich von hinten die Rippen von der Wirbelsäule getrennt und den gesamten Brustkasten so von hinten brutal aufgehebelt, dass die - mittlerweile etwas faulig riechenden und aufgrund schlechter Lagerung im feuchten Keller von allerlei Fliegen befallenen - Lunge und das Herz offenlagen. Nichts davon war angerührt worden. Erstaunlicherweise hatten alle Organe und selbst sein Fleisch eine ungesunde, aschfahle Farbe. Nirgendwo fand Benedetto auch nur einen einzigen Leichenfleck oder rotes, blutiges Gewebe. Soweit es eine vernünftige Untersuchung betraf, war Tonino eindeutig an einer aufgefetzten Kehle gestorben. Und dem Verlust sämtlichen Blutes.
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Post by Benedetto on Jun 28, 2015 13:35:16 GMT
Die Vision war verklungen. Benedetto stand für eine Weile noch da, die Hand an das Kinn gelegt, den Blick in die Leere gerichtet. Schließlich schüttelte er frustriert den Kopf. Dann wusch er sich die Hände, öffnete die Tür einen Spalt und ließ sich einen kleinen, verschließbaren Tonkrug bringen, sowie ein starkes Getränk. Nach Erhalt derselbigen trat er an die Leiche zurück und nahm auch den zweiten Augapfel heraus. Er legte ihn in den Krug, füllte diesen bis zum Rand mit dem alkoholischen Getränk und versiegelte das Gefäß dann mit Wachs.
Nachdem er den Krug in seiner Umhängetasche verstaut hatte, wusch er sich erneut die Hände und öffnete dann die Tür. Er winkte Alerio hinein, dem sich ein unschöner Anblick bot: Die abgetrennten Rippen waren nach außen gebogen, so dass sie beinahe aussahen wie Engelsflügel. Der Körper lag auf dem Bauch und war kaum noch als menschlich zu erkennen. Die Organe hatte Benedetto zum Teil ebenfalls aus dem Leichnam gehoben.
Benedetto ließ Alerio einen Moment Zeit, sich an den Anblick zu gewöhnen, dann faltete er die Hände und trat um den Tisch herum, so dass die Kainiten sich über die Leiche hinweg anblicken konnten. "Ein sterblicher Arzt könnte euch, sofern er sein Handwerk versteht, Folgendes sagen: Der Tote wurde von einem wilden Tier, vermutlich einem Hund oder Wolf angefallen. Nach seinem Tod wurde er komplett ausgeblutet. Dann hat man ihm den Rücken auf die besagte Weise aufgetrennt und die inneren Organe freigelegt."
Er hob vorsichtig den Kopf und zeigte auf die Wunde an der Kehle. "Diese Reißmuster deuten auf ein Gebiss etwa dieser Größe..." er hielt die Hände entsprechend "...hin, das Gebiss eine Raubtiers, wie man an den Eindrücken hier und hier erkennen kann." Alerios Blick wurde währenddessen von den leeren Augenhöhlen angezogen, die wie schwarze Abgründe in dem bleichen, toten Gesicht standen. Benedetto ließ den Kopf wieder sinken, trat dann an den Rücken.
"Diese Einschnitte haben offenbar den Zweck, die inneren Organe freizulegen. Jedoch ist mir nicht klar, warum es auf diese Weise und nicht schlicht über die Bauchhöhle geschah. Ich vermute weiterhin eine Botschaft. Ihr könnt es sehen..." er wies auf das morbide Arrangement "...sie sehen ein wenig wie die Flügel eines Engels aus." In seiner Stimme lag eine gewisse unangenehme Faszination. Dann schaute er wieder Alerio an.
"Soweit der Ersteindruck. Zum Glück für euch bin ich jedoch kein Sterblicher." Er faltete die Hände. "Dies ist der Moment, in dem wir über den Preis reden, den ihr für das Wissen zahlt, das ich euch geben werde."
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Post by Alerio on Jun 29, 2015 22:37:01 GMT
Während er den Ausführungen des Kappadozianers lauschte, betrachtete er mit großem Unwohlsein die leeren Augenhöhlen seines alten Freundes und fragte sich was der Kappadozianer wohl mit dessen Augen getan hatte, aber vermutlich wollte er das lieber nicht wissen. Er wandte den Blick ab, nicht nur von den leeren Augen, sondern auch dem Rest des geschundenen Körpers, doch der Anblick hatte sich so oder so in sein Gedächtnis gebrannt. Nur schwer würde er dies vergessen können. Angestrengt versuchte er sich sein Entsetzen und Unwohlsein nicht anmerken zu lassen und sich auf das zu konzentrieren, was Benedetto ihm sagte. Für Alerio sah das überhaupt nicht aus wie Flügel eines Engels. Er wüsste auch nicht, was das für eine Botschaft für ihn hätte sein sollen.
"Schwebt euch direkt etwas besonderes vor? Ansonsten würde das doch auf die selbe Weise ablaufen wie gewöhnlich. Ein Gefallen gegen einen anderen." antwortete der kleine Vampir ihm ruhig.
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Entsetzen verbergen (Manipulation + Ausdruck) DI6A6|FU8d108d10
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Post by Benedetto on Jun 30, 2015 6:18:06 GMT
Benedetto winkte ungeduldig ab. "Davon rede ich nicht. Ich rede von dem, was ich euch jetzt zeigen werde. Es könnte euch beunruhigen. Es wird mit Sicherheit euer Bild über die Welt verändern. Aber..." Er blickte Alerio ernst an. "...es wird euch meine Worte glaubhaft erscheinen lassen. Ich muss euch nur schwören lassen, dass ihr dieses Wissen nicht aus diesem Raum heraus tragt. Denn es ist nicht für jedermann bestimmt." Wenn er damit jemand bestimmten meinte, so hatte er seine Stimme gut unter Kontrolle.
"Schwört ihr also, Alerio, dass ihr über das, was nun folgt, Stillschweigen bewahren werdet - ausgenommen, die Prinzessin selbst... und nur sie, keiner ihrer 'Stellvertreter'... fordert euch auf, darüber zu sprechen?" Er verschränkte die Arme und warf Alerio einen unheiligen Blick zu, die Augen geweitet und die Stirn gerunzelt - was die Unannehmlichkeit der ganzen Situation noch unterstrich.
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Post by Alerio on Jun 30, 2015 6:58:42 GMT
Ja damit hatte er nicht gerechnet, als er an Preis dachte. Die Worte und auch die Reaktion des Mönches beunruhigten Alerio sehr und eigentlich hätte er lieber abgelehnt, diesen verdammten Ort verlassen und vielleicht wäre es besser gewesen, wenn er es einfach vergessen würde. Doch wie könnte er. Jemand verspottete und bedrohte ihn, das musste Konsequenzen haben. Doch...ja, zu welchem Preis eigentlich?
Er wusste nicht was Benedetto vor hatte, doch er ahnte, dass es ihm so gar nicht gefallen würde. Doch er hatte ja keine Wahl, wenn er denn wissen wollte, wer der Mörder war. Leise, aber bestimmt, sagte er daher: "Ich schwöre, dass ich über das was nun folgt Stillschweigen bewahren werde und keinem außer der Prinzessin, wenn sie es fordert, davon erzählen werde." Dann wartete er...
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