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Post by Benedetto on Nov 13, 2014 16:35:19 GMT
Der dicke Kappadozianer stand zu seinem Wort: Eine Nacht, nachdem er den seltsamen Malkavianer getroffen hatte, stand er vor der Basilika von San Siro. Die Komplet war erst vor kurzer Zeit zuende gegangen und der Fette hatte sich geeilt, den Treffpunkt zu erreichen. Dennoch war er nicht ins Schwitzen gekommen, ein angenehmer Nebeneffekt seiner Natur.
Benedetto trug die übliche schwarze Robe seines Ordens, während sein dicker Bauch von einer engen Kordel zurückgehalten wurde. Er hatte eine Umhängetasche mitgebracht, die neben der üblichen Ausstattung von Schreibtafel, Sezierbesteck und einigen Kräutern diesmal auch ein dünnes, aber festes Seil enthielt. Man wusste ja nie...
Die Wurstfinger des Kappadozianers umklammerten den Wanderstab fester. Seine Augen fuhren entlang der Struktur der Kathedrale, beobachtend und abschätzend. Dann wieder blickte er sich um. Der Malkavianer war noch nicht dort - oder vielleicht hielt er sich auch verborgen. Benedetto nickte bei dem Gedanken zustimmend. Ja, nicht ganz so offensichtlich herumzustehen, mochte weise sein. Entsprechend zog er sich nun in den Schatten eines Vorsprungs zurück.
Dann wartete er.
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Post by Ferrucio Erminio on Nov 15, 2014 16:25:27 GMT
Tatsächlich war Ferrucio einige Minuten zu spät. Benedetto musste gut 10 Minuten warten bevor sich die Gestalt des Priesters aus den Schatten schälte und er unbedacht auf die Kathedrale zuschritt.
Es schien als habe der Malkavianer keinerlei Anstrengungen unternommen sein Aussehen zu verändern. Noch immer trug er das alte, abgetragene Gewand eines Priesters, den Rosenkranz um den Hals sowie dreckige Bandagen um seine Hände. Auf Schuhe schien er zu verzichten. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt blieb er schließlich vor der imposanten Kirche stehen und starrte in die Dunkelheit.
Während er auf das Eintreffen Benedettos wartete, bekreuzigte er sich, ging auf die Knie und betete an Ort und Stelle. Seine Lippen bewegten sich doch kein Laut kam hervor.
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Post by Benedetto on Nov 15, 2014 16:51:26 GMT
Der dicke Mönch wartete ab, bis der andere sein Gebet beendet hatte, dann trat er aus den Schatten hervor. "Bruder Ferrucio." Eine angedeutete, respektvolle Verbeugung. "Ich freue mich, euch zu sehen." Ob dies nur eine Floskel war, oder ob der Kappadozianer tatsächlich befürchtet hatte, der Malkavianer würde nicht erscheinen, blieb offen.
Er nickte gen der Straße: "Sollen wir?"
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Post by Ferrucio Erminio on Nov 15, 2014 17:16:38 GMT
Das Gebet endete als Ferrucio sich erneut bekreuzigte und seinen Rosenkranz küsste. Mit einem zufriedenem Lächeln wandte er sich Benedetto zu als dieser aus den Schatten trat. "Geliebter Bruder, seid gegrüßt." Er nickte dem Kappadozianer zu und trat aus den Schatten. "Verzeiht meine Verspätung...ich verlief mich auf halben Wege."
Erwartungsvoll trat er an die Seite des Mönchs und deutete mit der bandagierten Hand voran. "Ihr kennt den Weg, Bruder. Ihr führt, ich folge." Als sich das Duo in Bewegung gesetzt hatte senkte Ferrucio seine Stimme und seine kalten Augen starrten stur geradeaus. "Was könnt Ihr mir über diese Männer sagen? Immerhin habt Ihr bereits Erfahrung mit ihnen gesammelt."
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Post by Benedetto on Nov 15, 2014 17:53:48 GMT
"Sie werden es uns nicht einfach machen, vermute ich..." Der Dicke rieb sich das Doppelkinn. "Als ich das letzte Mal mit ihnen sprach, haben beide mir falsche Zahlen genannt. Im Endeffekt hat es mein Ergebnis nicht groß beeinflusst, daher habe ich damals nicht nachgefragt - ich hielt es schlicht für Faulheit oder Unwilligkeit, mit mir zusammenzuarbeiten." Er verzog das Gesicht zu einem freudlosen Grinsen und nickte leicht. "Offenbar lag ich falsch und es ist mehr als das."
Dann blickte er den Malkavianer an. "Ich hoffe, eure Fähigkeit, die Gedanken anderer Menschen zu erraten, wird uns dort nutzen." Benedetto schien sich nicht wohl dabei zu fühlen, wenn er daran dachte und er wandte auch sogleich den Blick wieder von Ferrucio ab. "In jedem Fall müssen wir einen Weg finden, um ihr Geheimnis zu erfahren. Wenn sie des Lesens und Schreibens mächtig sind, finden wir vielleicht etwas Geschriebenes, das uns weiterhilft."
Dann setzte er sich in Bewegung. "Ich denke, es ist sinnvoll, wenn wir mit Giovanni beginnen. Er scheint derjenige mit weniger Verantwortung zu sein. Vielleicht bedeutet das auch, dass wir mehr von ihm erfahren." Mit einem auffordernden Nicken schritt er die Straße hinunter, eine bleiche, seltsam krötenhafte Figur.
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Post by Ferrucio Erminio on Nov 15, 2014 18:58:18 GMT
"Es ist nicht so präzise, wie Ihr vielleicht denkt, Bruder. Ich bin nur das Medium für die Visionen, die mir Gott sendet...sie sind oft vage und klar zur selben Zeit. Es ist..." Er tippte sich gegen das markante Kinn einige Male. "Es ist keine exakte Wissenschaft." Ruhig trottete er neben dem Mönch her während sie ihrem Ziel immer näher kamen...Schritt für Schritt.
"Ich bin sicher unter Druck wird er nachgeben. Der Blutsklave sagte er sei jung und voller Kraft...vielleicht war es nur der jugendliche Übermut der ihn zu solch schändlicher Tat lockte. Oder der Andere falsche Hirte. Wie dem auch sei" , sagte er mit einer wegwerfenden Bewegung der Rechten. "Gewalt sollte unser letztes Mittel sein. Trotz ihrer offensichtlichen Verfehlungen sind es noch Diener Gottes...ihnen muss die Möglichkeit der Sühne gegeben werden."
Seine Schritte waren in einem außerordentlich präzisen Takt, einem Marsch gleich. Er schien darauf zu achten einen gewissen Rhythmus beim Gehen zu behalten. "Eine direkte Konfrontation ist eventuell am effektivsten."
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Post by Benedetto on Nov 15, 2014 20:08:18 GMT
"Wenn sie zu zweit arbeiten, dann könnten noch mehr Leute an dieser Vertuschung beteiligt sein. Eine direkte Konfrontation könnte Ergebnisse bringen, ja..." Der Dicke blickte den Malkavianer skeptisch an. "...aber sie könnte die Bande auch verschrecken. Ich schlage stattdessen etwas anderes vor. Wie gut, werter Bruder, seid ihr darin, kein Aufsehen zu erregen?"
Benedetto stützte sich schwer auf seinen Stab und fixierte Ferrucio. "Mein Vorschlag wäre, dass einer von uns diesen Giovanni ablenkt, während der andere seine Unterlagen - oder zumindest seine Habseligkeiten - sucht und durchsucht."
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Post by Ferrucio Erminio on Nov 16, 2014 13:27:02 GMT
"Die Schatten sind nicht mein Element, Bruder. Ich bin ein Diener des Lichtes..." Ferrucio drehte den Kopf zu dem fetten Mönch und blickte ihn skeptisch an. "Um Eure Frage zu beantworten: Ich bin ebenso gut darin, kein Aufsehen zu erregen, wie Ihr."
Ein verächtliches Schnaufen folgte als er den Rosenkranz um seine Hand umfasste. "Solch Täuschereien sollten nicht von Nöten sein! Wir sind Diener des einzig wahren Gottes, eine Gemeinde...diese Priester sind es uns schuldig unsere Fragen zu beantworten. Glaubt Ihr, dass sie dem Befehlen eines Unholds folge leisten? Einem Kontrahenten der weißen Prinzessin vielleicht? Es würde ihre...Impertinenz erklären."
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Post by Benedetto on Nov 16, 2014 19:37:35 GMT
Der Mönch hob die Hände. "Wenn ihr glaubt, sie durch Gottesfurcht zwingen zu können, so sei euch dies unbenommen, Bruder. Nur bedenkt dies: Die Furcht vor Gott hat sie bisher auch nicht abgehalten, das zu tun, was auch immer sie tun." Er setzte sich erneut in Bewegung. "Und wenn - was Gott verhüten möge - tatsächlich ein Verräter hinter ihnen steht..." Der Mönch machte ein nachdenkliches Gesicht. "Nun, er wäre gewarnt, wie gesagt."
Dann schwieg Benedetto eine Weile. Es schien, als sei ihm etwas einfallen. Und sein heruntergezogener Mundwinkel deutete darauf hin, dass ihm die Erinnerung gar nicht behagte.
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Post by Ferrucio Erminio on Nov 16, 2014 21:28:21 GMT
Ferrucio hielt inne und stoppte für ein paar Sekunden. Seine Stirn legte sich in tiefe Falten, während er sich das nachdenklich das kantige Kinn rieb. "Eventuell habt ihr recht, Bruder. Ein direktes Vorgehen könnte unseren kleinen Vorteil zu Nichte machen. Ich gestehe, dass solcher Schwindel mir fremd und zuwider ist. Was also, schlag Ihr vor?"
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Post by Benedetto on Nov 16, 2014 22:54:44 GMT
"Nun, wenn wir heute abend noch Ergebnisse erzielen wollen, dann können wir nur auf zwei Arten vorgehen. Die erste ist simpel: Wir nutzen unsere Kräfte, um diesen Giovanni zu überwältigen, und holen die Wahrheit aus ihm heraus." Seine Hand klopfte auf die Tasche, die er mit sich trug. "Berauschende Kräuter und... scharfe Werkzeuge. Beides kann sehr überzeugend wirken." Sein Gesicht war dabei völlig ruhig, berechnend. Christliches Mitgefühl war darauf nicht zu sehen.
"Die zweite Möglichkeit ist wie gesagt, dass einer von uns den Priester ablenkt und der andere währenddessen sein Haus durchsucht. Allerdings ist es schon spät und es mag sein, dass er zu Gesprächen nicht aufgelegt ist." Benedetto zuckte mit den Schultern. "Eine Hausdurchsuchung wäre wohl in beiden Fällen sinnvoll." Dann rieb er sich das Kinn. "Wenn dieser Giovanni tatsächlich im Blutsband steht, so wird ihn das störrisch machen und er wird uns nur schwerlich antworten."
Er kaute auf seiner Unterlippe. "Aber es gibt eine dritte Möglichkeit: Wir könnten versuchen, mit ihm unter einem Vorwand ins Gespräch zu kommen. Unsere Unzufriedenheit mit dem Bischof äußern. Versuchen, mehr zu erfahren, über das, was hier vorgeht. Eine langfristige Strategie, sicherlich... aber vielleicht die Strategie, welche die meisten Ergebnisse erzielt."
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Post by Ferrucio Erminio on Nov 17, 2014 18:05:13 GMT
"Ihr wollt einem geweihten Priester Gewalt antun? Bruder, solch Frevel wird sicherlich von Gott geahndet...zumindest bevor wir nicht um seine wahren Motive wissen." Heftig schüttelte er den Kopf als ihm dieser Gedanke kam. Seinen Rosenkranz umklammernd erhöhte er sein Tempo. "Ich bin nicht bewandert in der Schleich-und Heimlichtuerei also müsstest Ihr diesen Teil übernehmen."
Auf Benedettos letzen Vorschlag hin, neigte Ferrucio den Kopf leicht und runzelte die Stirn. "Ich vermute, dass solch eine Methode durchaus Erfolg verspricht...aber haben wir die Zeit für ein solches langfristiges Unterfangen? Ich hatte den Eindruck die Prinzessin will Ergebnisse so schnell wie möglich."
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Post by Benedetto on Nov 17, 2014 20:45:43 GMT
"Wenn sie sich gegen die Mutter Kirche stellen, wenn sie ihre eigenen Interessen über die derjenigen stellen, die sie beschützen sollen... sind sie dann in euren Augen noch Diener des Herren, Bruder Ferrucio?" Der fette Mönch lächelte bedauernd. "Wie dem auch sei, ich bin nicht gerade der Meister der Schleichkunst. Aber solltet ihr einmal eine schöne Buchschrift wünschen, dann bin ich euer Mann."
Schließlich winkte er ab. "Die Prinzessin will Ergebnisse und wenn diese nur auf langfristige Weise erreichbar sind, dann ist es eben so. Besser vorsichtig vorgehen und Erfolg haben, als im Übereifer alles verderben. Ich schlage vor, dass wir zuerst den Wohnsitz dieses Giovanni auskundschaften, ich vermute, dass er in der Nähe der Kirche liegt. Dann könnten wir mit ihm reden. Ich könnte ihm sagen, dass meine Zählung nicht gewürdigt wurde. Und so mögen wir ins Gespräch kommen."
Benedetto sah leicht ermüdet aus, so, als sei er nun zu einer Entscheidung gelangt und habe keine Lust mehr, weiter darüber nachzudenken. Dennoch nickte er Ferrucio zu. "Aber wenn euch ein besserer Plan einfällt, dann sprecht nur zu. Ansonsten sollten wir nun etwas schneller gehen, damit wir noch rechtzeitig ankommen."
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Post by Ferrucio Erminio on Nov 17, 2014 22:25:18 GMT
"Sorgt euch nicht...ich mache schnell Freunde." Er lächelte für einen kurzen Moment. Ein kaltes, freudloses Lächeln, welches keinerlei Wärme oder Menschlichkeit an sich hatte bevor er Benedetto zu nickte.
"Ihr habt recht, Bruder. Solchen Dieben und Betrügern steht der Schutz der Kirche nicht zu. Beeilen wir uns."
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Post by Il Narratore on Nov 18, 2014 0:53:00 GMT
Der Weg, den die beiden Verdammten von San Siro aus nach Maddalena zurückzulegen hatten, war nicht sonderlich weit, denn das Dorf befand sich zwischen der Basilica und den Mauern der Stadt. Schon von weitem war die kleine Pfarrkirche zu erkennen, die trotz ihrer geringen Höhe das größte Gebäude inmitten der Ansammlung von Winzereien, Gehöften und Bauernstuben war. Das Gotteshaus schien sich gemütlich an die einzige Kreuzung des Dorfes zu hocken, die von der Straße nach Luccoli und der Abzweigung von San Siro nach Osten, auf dem längeren Weg in die Stadt der nicht an Burgus sondern der Necropole vorbeiführte, und mochte eine Erklärung bieten, warum Giovanni nicht gut auf den Bischof zu sprechen war: Seine Kirche war ein elendiges, kleines Ding mit anscheinend nur einem einzigen Raum für die Messe und seine Wohnung mehr eine Hütte, ein Verschlag der sich gegen die dem Meer abgewandte Seite der Kirche presste. Der Pfarrbezirk seiner Gemeinde war nicht sehr groß, wie Benedetto wusste, und der Großteil seiner Schäfchen nahm wohl lieber den kurzen Sonntagsspaziergang nach San Siro in Kauf, anstatt in seinen Klingelbeutel zu bluten.
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