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Post by Niccolo on Mar 21, 2015 16:27:13 GMT
Die Nacht war kühl genauso wie der Abschied von seiner Erzeugerin. Das sie dem hier nicht gerade ihren Segen gegeben hatte war eine Untertreibung. Aber es war nur die Sorge um ihn selbst gewesen, das hatte er gespürt. Ihm ist der Abschied von ihr und der Gruppe auch sehr schwergefallen, immerhin hatte er den Großteil seines Lebens mit ihnen verbracht.
Nun trat er mit Ilian durch die Porta Soprana. Er wusste was er sich vorgenommen hatte und nun würde er es auch durchziehen. Als erstes musste er sich orientieren, einige Informationen hatte er schon, aber die waren menschlicher Natur. Er wusste immer noch wenig von den Kainiten der Stadt, aber das würde sich sicher bald geben.
"Komm schon Ilias, schlurf nicht so. Das hier ist eine gute Sache!" Aber auch Niccolo war angespannt. Neue Kainiten zu treffen war immer ein Spiel mit dem Ungewissen.
Mit diesen Worten jedenfalls wandten sich die beiden der Richtung Marktplatz.
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Post by Niccolo on Mar 21, 2015 17:05:53 GMT
Der Himmel war sternenklar, und die Luft erfrischend. Kurz nach Sonnenuntergang. Viel Zeit, aber Niccolo hatte auch viel vor sich.
Auf dem Weg zum Mercato di San Giorgio kamen der Kainit und sein Ghul an der Kirche San Donato, dem Piazza dei gatti neri vorbei. Es fiel Niccolo nicht schwer sich die Lage der Straßen umgehend zu merken, immerhin hatte er sein gesamtes Leben so ziemlich auf der Straße verbracht. Auch Ilias hatte sich mittlerweile entspannt, Menschen fallen schnell in Routine und auch für ihn war das streunen durch die Gassen so vertraut wie es nur sein kann.
Kainitische Präsenz konnte Niccolo allerdings nicht ausmachen. Er verhielt sich absichtlich nicht unaufällig in der Hoffnung das einer der ansässigen Kainiten auf ihn zukommen würde, ohne Erfolg bis jetzt. Nebenbei hielt er Ausschau nach einem Mahl. Er könnte mal wieder etwas vertragen. Die Straßen schienen allerdings bis jetzt fast verlassen, aber das dürfte sich spätestens im Hafenviertel ändern...
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Post by Benedetto on Mar 21, 2015 22:18:01 GMT
Natürlich war es nicht einfach, andere Kinder Kains zu finden - oder gar, sie als solche zu identifizieren. Spätabends waren zwar weniger Menschen auf den Straßen unterwegs, doch gerade im Hafenviertel trieb sich so einiges seltsames Volk noch herum. Da war der einbeinige Bettler, der offenbar gewillt war, Tag und Nacht an der selben Stelle zu verbringen. Da war die kleine Gruppe von Hafenhuren, die wohl auf späten Verdienst hofften. Und da war ein ausgesprochen dicker Mönch, der eine Häuserwand betrachtete.
Der Mönch hielt in seiner Hand eine Art Schreibtafel und notierte mit einem Griffel etwas in das Wachs, tief in seine Gedanken versunken. Schließlich klappte er die Tafel zu, steckte sie in eine Umhängetasche und streckte sich. Dann ergriff er einen Stab, der an der besagten Wand lehnte und setzte sich langsam in Bewegung. Seine schwarze Kutte schleifte dabei leicht über den Boden, denn er ging gebeugt, wie von einer Last gedrückt.
Für die beiden Neuankömmlinge hatte er zunächst nur einen kurzen Blick über. Dann drehte er den Kopf, um sie etwas genauer in Augenschein zu nehmen, die Augenbraue hochgezogen.
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Post by Niccolo on Mar 21, 2015 23:09:38 GMT
Eines hatte Niccolo nach seinem Kuss recht schnell gelernt. Kainskinder sind Jäger. Sie streifen durch die Nacht um Blut zu bekommen oder anderweitig ihre Ziele zu verfolgen. Und sie sind territorial. Es liegt in ihrer Natur. Ein Nomade zu sein bedeutet immer wieder in eine Fremde Umgebung zu kommen ohne jemanden zu kennen. Kainskinder zu finden ist schwer. Immerhin tun sie alles um nicht von Menschen gefunden zu werden. Der perfekte Wolf im Schafspelz. Also wie findet man einen am schnellsten? Gar nicht, am schnellsten finden sie DICH. Es liegt in ihrer Natur.
Als Fremder bei Nacht ziellos auf dem grössten Marktplatz herumzulungern und sich nicht vor der Dunkelheit zu fürchten. Es ist nicht normal, es fällt aus der Reihe, es fällt auf. Und früher oder später fragt dich jemand was zum Teufel du in seinem Jagdgebiet machst. Auch wenn Niccolo per se nicht der geduldige Typ ist wusste er das dies die schnellste Art und Weise war auf Kainskinder zu stoßen. Also setzten er und sein Ghul sich offen hin mit einer Haltung als hätten sie alle Zeit der Welt und keine Sorgen oder Ängste.
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Post by Benedetto on Mar 21, 2015 23:33:59 GMT
Als die beiden sich setzten, blieb der Mönch stehen. Es war dunkel im Hafen, aber im Licht einer Laterne, die an einem nahegelegenen Haus hing, waren zumindest die grundsätzlichen Details zu erkennen. Wie also sahen die Neuankömmlinge aus, die sich dort niedergelassen hatten? Trugen sie die typischen Gesichtszüge der Region, oder waren sie Exoten? Wie stand es um ihre Kleidung? Hatten sie sonstige Merkmale, die sie abhoben von der Masse?
Was den Mönch anging, so war neben seiner enormen Leibesfülle eigentlich nur seine ungesunde Gesichtsfarbe einen zweiten Blick wert. Seine Haut war bleich, totenbleich, was in Kombination mit seiner Figur an eine aufgedunsene Wasserleiche erinnerte. Ebenso bleiche, rundliche Finger umklammerten den Wanderstab. Milchige Augen studierten die Sitzenden...
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Post by Niccolo on Mar 22, 2015 7:04:07 GMT
Die langen abgenutzen Reisumhänge hatten bis jetzt nicht viel verraten können, doch als sich die beiden saßen schlugen sie diese und ihre Kaputzen zurück und ließen einen genauen Blick zu.
Es waren zwei Junge Männer unterschiedlicher Abstammung. Der ältere hatte dunkelblondes Haar, und war von den Gesichtszügen Osteuropa zuzuordnen. Der andere hatte Schwarze Haare und war definitiv Italiener. Er würde wohl ohne Probleme in einer Menge untertauchen können und wäre schnell unter den vielen ähnlichen Gesichtern verloren. Sie waren unrasiert mit einem 3 Tage oder Wochenbart, trugen einfache Lederrüstung und relativ schmutzige abgenutze Kleidung darunter. Nun auch gut zu sehen war was sie am Gürtel trugen. Beide hatten einen Einhänder und einen Dolch daran hängen. Alles in allem waren sie sonst ohne besondere Züge.
Niccolo merkte das Ilian trotz der beruhigenden Anwesenheit seines Meisters etwas nervös wurde. Das Halbdunkel in dem sie saßen war im nicht wohl. Also fing er an sich halblaut mit seinem Guhl zu unterhalten. Ein paar Anekdoten, der eine oder andere Insiderwitz, und schon lachten die beiden von Zeit zu Zeit. Nun nahmen sie auch einen Schluck aus ihren respektiven Trinkschläuchen. Für Menschen nicht vernehmbar, doch für die empfindliche Kainit-Nase zu riechen lag danach ein leichter Geruch von relativ frischem Blut in der Luft.
Jetzt erst begann Niccolo die Gegend richtig zu beobachten. Er versuchte auszumachen ob sie jemand aus den Schatten beobachtete oder sonst aus der Reihe fiel. Auch hielt er Ausschau nach Taschendieben oder ähnlichen Sterblichen die ihm nützlich werden könnten.
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Post by Benedetto on Mar 22, 2015 10:19:33 GMT
Der Mönch nahm den Geruch nicht wahr, denn im Gestank menschlicher Ausscheidungen, verrottender Fische und dem salzigen Aroma des Meeres ging er nur allzu schnell verloren. Aber es schien, dass die Reiseumhänge sein Interesse geweckt hatten. Langsam wackelte er an die beiden Sitzenden heran, mit dem Kopf leicht hin- und herschwankend.
Schließlich blieb er vor den beiden stehen und lächelte. "Guten Abend, werte Herren." Er blickte sich um und fixierte dann wieder die beiden. "Ein seltsamer Ort für eine Rast - und nicht ganz ungefährlich, selbst für Bewaffnete. Sucht ihr ein Gasthaus? Ich wäre gerne bereit, euch zu einem solchen zu führen."
Der Dicke faltete die Hände. "Mein Name ist Bruder Benedetto. Ich sorge für die armen Seelen in dieser Stadt."
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Post by Niccolo on Mar 22, 2015 12:43:51 GMT
Niccolo und Ilias standen auf. "Gott zum Gruße Bruder." Das Verhalten Niccolos dem jüngeren der beiden schulg abrubt von ausgelassen und entpannt zu konzentriert um, während der ältere keinen Augenkontakt aufnahm und untergebens auf den Boden starrte. "Ich werde Niccolo genannt und komme aus Bologna. In der Tat, wenn ihr eine gutes Gasthaus empfehlen könntet wäre ich dankbar. Wir sind weit gereist und doch ziemlich erschöpft. Allerdings müssen auch noch gewisse Formalitäten mit der Obrigkeit erledigt werden und da ich die Stadt nicht kenne bin ich ein wenig ratlos in welche Richtung ich mich da wenden muss. Ich kenne noch nicht einmal den Namen der Person an die ich mich zu wenden habe."
Der dicke Mönch also. Kappadozianer vielleicht? Abwarten... Schubladen denken ist gefährlich, wird sich schon zeigen. dachte Niccolo
Ilias verhielt sich genau wie er es von seinem Meister aufgetragen bekommen hatte. Niccolo wusste das man einiges über den Charakter eines Kainiten von derem Umgang mit Guhlen herauslesen konnte. Deswegen hatte er ihn extra nicht vorgestellt. Das und das es Kainiten gab die es als Beleidigung empfinden sich mit niederen Menschen abgeben zu müssen. Wie würde dieser Benedetto wohl reagieren? Den Guhl vollkommen ignorieren, versuchen ihn anzusprechen oder verunsichert sein? So oder so würde sein Verhalten etwas über ihn preisgeben.
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Post by Benedetto on Mar 22, 2015 13:50:21 GMT
Benedetto nickte. "Ich weiß nicht, wie es um eure finanziellen Mittel bestellt ist, aber hier im Hafenviertel werdet ihr kaum ein sauberes Bett und eine gute Mahlzeit finden. Bessere Tavernen gibt es in den reicheren Vierteln, etwa den goldenen Hirsch. Wenn ihr einen Kompromiss aus bezahlbar und sauber sucht, so könnt ihr euch vor den Stadtmauern günstiger einmieten."
Er schien kurz nachzudenken "Da gibt es etwa die Taverne Basilisco im Dorf Burgus - etwas rauer, aber durchaus in Ordnung, was die Qualität angeht. Oder deren Konkurrenten, den müden Pilger..." Der Mönch beugte sich vor, flüsterte hinter seiner Hand "...aber man sagt, dass der Wirt in üble Machenschaften verstrickt ist." Der Dicke lächelte. "Die Priorei, in der ich lebe, liegt in Burgus, daher kenne ich mich dort etwas besser aus."
Abwartend blickte er die beiden an, wobei er eine Antwort offenbar vom redseligeren Niccolo erwartete.
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Post by Niccolo on Mar 22, 2015 21:44:41 GMT
Niccolo seufzte:"Eine Schande. Das man im Handelszentrum einer einst blühenden Stadt nicht mal mehr ein sauberes Bett findet. Ich hörte das sich die Stadt nach dem Angriff der Sarazenen schwer tat wieder auf die Beine zu kommen, das es allerdings so schlecht um sie bestellt war wusste ich nicht. Verfluchte Heiden."
Niccolo sinnte ein wenig nach "Burgus und Basilico sagt ihr? Das passt perfekt denke ich. Falls ihr auf eurem Weg zurück seid würde ich euch gerne begleiten. Es seid denn ihr habt noch etwas zu tun natürlich."
"Aber wo sind meine Manieren? Möchtet ihr vielleicht auch einen Schluck trinken? Es ist das mindeste was ich euch für eure Güte anbieten kann." Mit diesen Worten bot Ilias Benedetto seinen Trinkschlauch dar."
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Post by Benedetto on Mar 23, 2015 20:16:21 GMT
Der fette Mönch nickte dankbar und setzte den Weinschlauch an. Kurz verzog sich sein Gesicht... aber es war wohl nur der Geschmack des billigen Weins, der ihn störte, denn danach trank er sichtbar mit tiefen Schlucken. Dann reichte er den Schlauch zurück, der nun deutlich weniger wog. "Habt dank, ihr seid sehr freundlich." Dann winkte er den beiden. "Bitte, folgte mir."
Benedetto setzte sich in Bewegung und nickte nachdenklich. "In der Tat, aber seit dem Angriff hat sich die Stadt besser erholt, als man meint." Er zeigte auf das Haus, das er zuvor angeblickt hatte. "Noch vor zwei Jahren eine verkohlte Ruine. Und nun lebt hier schon wieder jemand, wenn auch nicht gerade in den besten Verhältnissen. Aber die Wunden der Stadt heilen."
Er blickte auf Ilias. "Ihr seid ein schweigsamer Zeitgenosse, nicht wahr? Sagt, was haltet ihr vom schönen Genua? Bei Tag ist es doch sicher einladender, oder?"
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Post by Niccolo on Mar 23, 2015 20:39:04 GMT
"Nun wir sind eben erst mit einer Karavane eingetroffen, deswegen können wir nicht wirklich etwas über Genuas Schönheit am Tage sagen. Aber ich freue mich darauf Morgen die Stadt richtig zu erkunden. Vielleicht laufen wir uns ja über den Weg." Ilias brach sein Schweigen, und hinterliess einen freundlichen Eindruck auf den Mönch.
"Ah du bist einfach schon zu alt, Ilias. Gib mir eine Taverne mit guter Gesellschaft und ich könnte die ganze Nacht trinken." zu Benedetto gerichtet "So schlimm stand es um die Stadt dann? Da habt ihr als Teil der geistlichen Stütze der Stadt wohl eine große Bürde geschultert in den letzten Jahren. Wie heisst denn euer Priorei? Und euer Oberster?"
Dieser Benedetto war wahrhaft schwer zu lesen... dachte Niccolo als sie zusammen durch dunkle Gassen Richtung Norden gingen. Wenns dann doch nur ein Mönch ist könnte ich meinerseits einen Schluck vertragen.
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Post by Benedetto on Mar 23, 2015 20:47:14 GMT
"Ich habe die Krankenden und Sterbenden versorgt - oder ihnen die letzte Ölung gegeben." Benedetto senkte den Kopf, so, als würde eine Last auf seinen Schultern liegen. "Ich bin nur ein bescheidener Diener Gottes und dankbar darum. Alles andere hätte mich doch zu sehr belastet. Vor allem jetzt, wo man der kirchlichen Obrigkeit so furchtbare Verbrechen nachsagt." Der Dicke seufzte. "Ich bin wider meinen Willen in die Sache mit hineingezogen worden, das war schlimm genug."
Dann lächelte er. "Aber immerhin ist der gute Bischof Romperto ein wahrer Diener Gottes, ein guter Mann. Er wird unter diesen falschen Priestern die Schuldigen finden und bestrafen. Ich habe die große Ehre gehabt, ihm dabei helfen zu dürfen." Benedetto faltete die Hände. "Aber genug von mir, erzählt mir mehr von euch, meine Freunde. Woher kamt ihr mit dieser Karavane? Geschichten aus anderen Ländern höre ich immer gerne, müsst ihr wissen."
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Post by Niccolo on Mar 23, 2015 21:01:17 GMT
"Nun wir waren kreuz und quer in der gesamten Alpenregion unterwegs. Fahrende Händler wenn man so will. Ilias hier stammt sogar noch weiter aus dem Osten, aus Bulgarien falls euch das etwas sagt. Was mich angeht, ich wurde in Bologna geboren, bin aber selbst schon als Bursche auf den Straßen untergwegs gewesen. Und was Geschichten anblangt da könnten wir wohl ganze Abende füllen. Von dem ersten Sonnenstrahl der über die Berge fällt, Venedig bei Nacht, oder auch dem einen oder anderen Briganten Überfall auf der Straße, den wir überstanden haben." damit tätschelte Niccolo auf sein Schwert.
"Doch wir sind des Pendlerlebens überdrüssig geworden und wollen versuchen ob wir in Genua nicht ein Zuhause finden. Mir kam zu Ohren das es viele Investitionsmöglichkeiten und Arbeit gibt hier, da die Stadt sich ja weiterhin im Aufbau befindet."
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Post by Benedetto on Mar 23, 2015 21:15:46 GMT
"Möglichkeiten gibt es sicher viele, aber auch viel Konkurrenz. Große Familien, die ihre Reichtümer natürlich eifersüchtig hüten. Die Fieschi etwa. Wobei man von denen sagt, dass sie eine Reliquie gefälscht haben sollen. Das hat ihnen im Volk natürlich keine Freunde gemacht." Aus irgendeinem Grund brachte dies ein Lächeln auf Benedettos Lippen.
"Mit welcher Art von Waren handelt ihr denn?" Vor sich konnten Niccolo und Ilias jetzt das nordwestliche Stadttor aufragen sehen. "Ich selbst lebe ja eher abgewandt von der Welt, müsst ihr wissen. Aber für mich seht ihr weniger wie Händler aus als wie Krieger, mit euren Waffen..." Der Tonfall war jovial, aber die milchigen Augen betrachteten Niccolo sehr genau.
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