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Post by Benedetto on Apr 6, 2015 19:59:51 GMT
Gott hatte zu Benedetto gesprochen, hatte sich durch Bischof Romperto offenbart. Diese Nacht hatte Benedettos Unleben für immer verändert. Er fühlte sich innerlich abgestumpft, indifferent gegenüber den weltlichen Freuden, die er vor so kurzer Zeit noch über alles geliebt hatte. Niemals hätte er geglaubt, dass ihn nach dieser Erfahrung noch etwas schockieren konnte. Bei Gott - wie hatte er sich da geirrt!
Die Nachricht von der Ermordung des Bischofs traf ihn wie ein Blitzschlag. Entsetzt sackte er auf seinen Stuhl zusammen, als Ercole ihm die Nachricht überbrachte. Der Stellvertreter des Herren, das Licht der Hoffnung für die Armen, abgestochen wie ein Schwein. Einer der Brüder des Klosters hatte den Vorgang beobachtet, erzählte davon wie Diener und Arzt gemeinsam das Leben des heiligen Mannes grausamst beendet hatten. Für einen kurzen Moment fühlte er sich erleichtert - und hasste sich dafür. Er würde dem Bischof nicht mehr unter die Augen treten müssen.
Doch dann übermannte ihn die Wut. In seinen Ohren hallten die Worte des Ventrue wider: "Die meisten Schäden die der Prozess verursacht hat sind bereits jetzt ausgebessert." Ausgebessert. Er wusste genau, wie Maximinianus ausbesserte, hatte es bei Ludovico gesehen. Hatte es der Ventrue wahrlich gewagt?
Oh, wie er jetzt sein Abkommen mit dem Mörder bereute. Aber er hatte sein Wort gegeben.
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Die Nachricht erreichte Ferrucio noch in derselben Nacht. Sie sprach von der Notwendigkeit eines Treffens, aber ein Grund war nicht angegeben. Es war nicht notwendig. Der Bischof war ermordet worden. Das Licht von Genua war erloschen.
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Post by Ferrucio Erminio on Apr 6, 2015 20:12:27 GMT
Für einen Freund wie Benedetto war Ferrucio stets bereit Zeit zu opfern. Als die Nachricht ihn erreichte befand er sich mit seinen Jüngern im Gebet. Sie lobten den Herrn, seine Werke und baten um Vergebung für ihre Verfehlungen. In Stille, jeder für sich, knieten sie auf nackter Erde vor einem hölzernen Kreuz. Ihre Lippen bewegten sich ohne Laut und doch in völliger Synchronität.
Natürlich hatte man ihm die Botschaft um des Bischofs Tod bereits zugetragen, denn die Klage unter den Armen war groß. Sie liebten den Seligen Alten, er war immer ein Licht in der Dunkelheit für sie gewesen. Von all den korrupten, verfaulten Priestern und Äbten schien der Bischof stets ein strahlendes Beispiel zu sein. Selbst Ferrucio hatte nie seine Stimme gegen den Mann erhoben, den viele in seiner Gemeinde bereits als Heiligen verehrten. Ein wahrer Diener des Herrn war auf offener Straße ermordet worden und die Menge heulte, klagte und lechzte nach Vergeltung.
Er beendete sein Gebet bevor er sich des Boten annahm. Mit einem Segensspruch entließ er die Anwesenden und machte sich auf den Mönch aufzusuchen. Wie gewohnt trug er nur seine alte, abgetragene Kutte, einen Rosenkranz um den Hals und den festen Glauben an sich selbst und den Gott Abrahams bei sich.
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Post by Benedetto on Apr 6, 2015 20:23:03 GMT
Der Weg des Aschepriesters führte zum Kloster von San Marcellino, wo ihn Benedetto an der Hinterpforte empfing. Die Bettler, die noch vor dem Prozess jeden Ausgang des Klosters bewacht hatten, waren nicht mehr zu sehen und so kam Ferrucio ungehindert an der Tür an. Der fette Kappadozianer öffnete ihm und ließ ihn ein - und dann blickte Ferrucio in die Augen des Mönches.
Er konnte es sehen. Etwas hatte sich verändert. Benedetto lächelte nicht, als er sich leicht verneigte. Und die sonst fast lebhaften Augen wirkten heute noch viel milchiger, wirkten wie die Augen einer Leiche. Doch auch die Haltung des Mönches war anders. Er ging nicht länger gebeugt, sondern aufgerichtet, was ihn größer und eindrucksvoller wirken ließ. Mit knappen Worten bat er Ferrucio, ihm zu folgen.
Schweigend schritt er eine steinerne Treppe hinab, unter das Kloster. Nur eine Öllampe erleuchtete die Dunkelheit. Ferrucio konnte einige Gänge erkennen, Katakomben, die von der Treppe wegführten. Eine davon war mit einer schweren Tür gesichert. Benedetto aber führte Ferrucio in einen der anderen Räume, wo Säcke und Fässer gestapelt waren. Mittendrin war ein kleiner Tisch aufgestellt, auf dem eine Kerze brannte.
Benedetto bat den anderen sich zu setzen, ließ sich dann selbst nieder. Er faltete die Hände und schwieg, öffnete den Mund, schloss ihn wieder. Dem dicken Mönch fehlten die Worte. Schließlich sprach er, leise, wie eine Stimme aus einem Grab. "Vergebt mir, Vater, denn ich habe gesündigt."
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Post by Ferrucio Erminio on Apr 6, 2015 20:40:14 GMT
Sobald Ferrucio den Mönch erblickte legte sich seine Stirn in Falten. Er konnte spüren, dass sich sein Glaubensbruder verändert hatte. Verwundert, und etwas beeindruckt, musterte er den Mann vor sich mit seinen kalten, blauen Augen. "Guten Abend, Bruder", sprach er und nickte ihm respektvoll zu. Ohne ein weiteres Wort, doch mit vielen neugierigen Blicken, schickte er sich an ihm in die Tunnel unter dem Kloster zu folgen.
Mit Verwunderung und Staunen schritt er die kalten, kargen Gänge entlang. Jedoch war diese Benedettos Haltung und Gestik geschuldet und nicht den Katakomben selbst. "Ihr seht verändert aus, Bruder Benedetto. Ich kann es hören wie ein Flüstern im Winde...mit der Stimme klagender Engel." Seine Stimme war so monoton, dass sie kaum noch wie die eines Menschen klang. Sein Blick war auf den wabernden Leib des Mannes fixiert als dieser in tiefer durch das Labyrinth führte.
Schließlich erreichten sie ihr Ziel und Ferrucio nahm das Angebot sich zu setzten dankend an. Die Worte jedoch trafen ihn unverhofft und überrumpelten ihn. Für einen Moment schien er nicht ganz zu wissen was er mit Benedetto anfangen sollte. "Hm", brummte er und legte den Kopf schie. "Erzähl mir von deinen Sünden, mein Sohn."
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Post by Benedetto on Apr 6, 2015 20:53:25 GMT
Der Mönch legte die Stirn in die Hand. Dann sprach er leise. "Meine Sünden sind so viele wie die Sterne am Himmel. All mein Leben und auch in meinem Unleben habe ich den Sünden des Fleisches nie ganz entsagt, habe Weib und Wein genossen." Grimmig blickte er auf den Tisch vor sich. "Und all diese Sünden, so redete ich mir ein, dienten einem höheren Zweck. Ich gab vor, darin eine Wahrheit zu suchen. Aber die Wahrheit ist: Ich habe sie über alle Maßen genossen."
Dann fixierte der tote Blick den Malkavianer. "Neben Völlerei und Wollust habe ich mich zudem der Sünde des Hochmuts hingegeben. Ich dachte, ich könnte das Übel des Maximinianus der ganzen Welt offenbaren. Doch Bischof Romperto..." Die Stimme versagte ihm erneut. Er schluckte schwer. "Der Bischof, er sprach mit der Stimme Gottes zu mir und er zeigte mir meine elende Existenz. Wie all meine Taten umsonst waren, keinem Ziel dienten, außer der Befriedigung meiner Gelüste."
Das Gesicht des Mönches war regungslos, starr, doch Ferrucio konnte ein Flehen in den Augen des Dicken sehen, den Wunsch nach Vergebung. "Die Worte des Bischofs zwangen mich auf die Knie und Maximinianus in die Flucht. Ich dachte, all dies sei der Plan Gottes gewesen. Dass ER durch Maximinianus gewirkt und mich so vor den Bischof geführt hätte. Dass er mir auf diese Weise in seiner Gnade meine Fehler offenbaren wollte." Benedettos Kinne zitterten. "Selbst... selbst dass Maximinianus den guten Priester Ludovico von San Giorgio ermordet hatte, hielt ich für Gottes Plan."
Er sammelte sich, richtete sich erneut auf. "Ich beschloss, dass unser Konflikt sinnlos sei, eine Ablenkung von Gottes wahrem Willen. Ich suchte Maximinianus auf. Wir schlossen Frieden... zu verabscheuungswürdigen Bedingungen, aber ich wollte mich nicht länger in kleinlicher Politik verstricken, wollte mich von Gottes Plan nicht abwenden. Ich würde beobachten, wie Gott durch Bischof Romperto wirkte und Maximinianus ignorieren."
Ferrucio konnte die Verwirrung, das Entsetzen in der Stimme des Dicken hören, als dieser weitersprach. "Bischof Romperto... ihr habt es gehört, nicht wahr? Ich war ein Narr."
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Post by Ferrucio Erminio on Apr 6, 2015 21:05:29 GMT
Geduldig wie eine Schlange im hohen Gras ließ Ferrucio Benedetto aussprechen. Mit kalten Augen starrte er den fleischigen Mönch nur an als dieser von seinen Verfehlungen und Sünden sprach, von Wollust und Völlerei. Der Seher hatte es in einer Vision bereits zuvor erkannt. Das Wesen des Mönches war das eines Hedonisten, eines blinden Vielfraßes der nur in sich hineinstopfte um die ewige Leere zu füllen. Doch die Toten hatten keine Verwendung für die Süße des Weines noch die Wärme einer Frau. Ihnen blieb nur Gottes Zorn zu fürchten und um Gnade zu flehene.
"Dies sind schwere Sünden, Bruder, und Ihr verdient es zu leiden." Seine Stimme war so kühl wie sein Blick und doch legte er Benedetto eine Hand auf den Arm, umfasste den Stoff seiner Kutte. "Und doch", sprach er und ein Lächeln formte sich auf seinem Gesicht. "Hat der Herr euch Gnade zu Teil werden lassen." Er nickte zufrieden und flüsterte ein Stoßgebet gen Himmel. "Ihr habt gut daran getan, Bruder, Frieden zu suchen. Der Herr hat sich auch mir einst in einer Stunde der Not offenbart. Sein Wille ist", sprach er und hielt einen Moment inne. "unverkennbar."[/b]
Sein Gesicht verfinsterte sich als Benedetto den Namen des Bischof aussprach. "Die Klagen überschwemmen die Stadt, die Armen haben ihren größten Patron verloren und die gesamte Christenheit einen wahren Heiligen, wie mir scheint." Ein fragender Blick traf den Kappadozianer. "Was wisst Ihr davon?"
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Post by Benedetto on Apr 6, 2015 21:21:13 GMT
Der Kappadozianer nickte langsam. Ja, er verdiente jede Strafe, das konnte man deutlich an seinem Gesicht ablesen. Dann erst schien er Ferrucios Frage gehört zu haben. Er öffnete den Mund und sagte einen Namen.
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