Yasir
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Post by Yasir on Apr 29, 2015 10:46:22 GMT
958. Ein Bote überbrachte der regina alba, besser gesagt einem ihrer Untergebenen, ein Pergament, zusammen mit der Nachricht, es stamme aus Savona. Der Inhalt bestand aus feinen, doch schnörkellosen Linien. Sicherlich nicht perfekt, aber zweifelsfrei mit großer Gewissenhaftigkeit zu Papier gebracht. So präsentierten sich dem Leser die folgenden Zeilen auf Italienisch.
Hochverehrte Majestät Aurore, Ahnherrin des Clans der Könige, Herrscherin über Genua,
ich schreibe diese Zeilen aus Savona, wo ich auf meiner Reise einstweilen untergekommen bin. Untertänigst bitte ich um die Erlaubnis, nach Genua einreisen und Eurem Hof die Aufwartung machen zu dürfen. Kämt Ihr dieser Bitte in Eurer Güte nach, wüsstet Ihr meine unbedeutende Person zutiefst erfreut.
Mit höchstem Respekt verbleibt
Yasir, Neugeborener der Banu Haqim, Kind von Mummun
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Post by Il Narratore on May 1, 2015 15:06:44 GMT
"Es wäre gefährlich, einen wie ihn in die Stadt zu lassen, Herrin", flüsterte Lucius, als würden laute Worte die Ruhe des Wasserbeckens im Atrium der Villa stören. Ihre Majestät, Prinzessin Genua, hatte ihm den makellosen Rücken zugewandt und starrte in den Sternenhimmel hinauf, der klar und deutlich war in dieser Nacht. Keine Fackel oder Lampe brannte innerhalb des Gebäudes. Nur der Mond durfte sein Licht auf ihre Haut werfen. Das Wasser, in dem sie lag, war eisig und die Nacht finster. "Die Lage im Westen ist unverändert schlecht. Sein Blut ist dafür verantwortlich", fuhr Lucius fort. "Wie auch die Lasombra", gab die Prinzessin zu bedenken und fischte mit beiläufiger Bewegung ein an ihr vorrüber schwimmendes Blatt aus dm Wasser. "Er könnte ein Spion sein.""Für sie wie für uns."Die Ahnin erhob sich aus dem Wasser und ließ sich ein Tuch reichen. "Ich habe meine Entscheidung gefällt", sagte sie und ihr Ghoul seufzte. ----- Einige Wochen später erreichte ein Botenreiter das Städtchen Savona, das über kaum mehr als einige Raststätten und Hühnerställe verfügte. Er verbrachte einige Tage in der Stadt, machte im Auftrage seines Herren verschiedenen Dienern seine Aufwartungen und überbrachte neben großzügiger Bestechungen eine kleine Bulle, die mit dem persönlichen Siegel ihrer Majestät versehen war: Ein stilisiertes Herdfeuer. Darin befand sich ein dünnes Pergament, das mit lateinischen Kapitälchen folgendermaßen beschriftet war: Werter Yasir, Neugeborener vom Blute Haqims,
es wird mir gefallen, euch an den Iden des Augustus in der Villa Illuminata zu begrüßen und Geschichten von eurer weiteren Reise entgegen zu nehmen. Zu diesem Zwecke sei euch und den euren für den vorhergehenden Halbmonat das Gastrecht gewährt.
Aurore, Ahnin vom Geblüte Ventrus, Kind des Geoffrey Le Croix, Ahn seines Blutes, Kind des Alexandre de Paris, Ahnherr seines Blutes Kind des Ventrue, erster seines Blutes, Kind Enochs, des Weisen, Kind Kains, des Vaters.
Sie hatte ihm gesagt, dass sie den Haschaschin zu sprechen wünschte. Sie hatte ihm nicht gesagt, dass er dabei nett sein sollte.
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Post by Yasir on May 1, 2015 17:07:00 GMT
Feingliedrige Finger hielten das Antwortschreiben in der Hand und starrten in der Finsternis des kleinen Zimmers die geschriebenen Zeilen an, als wenn er versuchen würde, ihnen mehr zu entlocken als das Offensichtliche. Dann jedoch, als die Tür geöffnet wurde, deutete ein tonloses Seufzen auf das erlöschende Interesse seinerseits hin, dieses einseitige Blickduell fortzusetzen. "Ihr lest schon wieder ohne Licht, Herr", kam es tadelnd von dem anderen Mann, doch im nächsten Moment umspielte dessen Lippen schon ein feines Lächeln. Der Assamit indes hatte den Blick gen Decke gerichtet und wirkte ob der Bewegungslosigkeit fast wie eine Puppe. Dann zerschnitt die dunkle, volle Stimme des des Bärtigen die Stlle. "Was wissen wir darüber?" Dabei hob die Hand das noch immer umfasste dünne Papier hoch. "Nicht viel, Herr. Es ist in jedem Fall äußerste Vorsicht geboten. Die Informationen aus dem Adlerhorst sind bestenfalls... dünn." Die Finger des Assamiten strichen behutsam über das Pergament. "Dünn", wiederholte er und griff dann mit einem weiteren Seufzen nach der Schreibfeder. "Wir müssen uns den Gepflogenheiten anpassen, auch wenn sie uns nicht gefallen." Schnell und präzise hastete die Spitze der Feder über das nachgiebige Material. Schließlich, als er fertig war, reichte er das zusammengerollte Schreiben seinem Diener. "Sieh nach, ob du diesen Boten noch irgendwo findest." Der Diener nickte, nahm das Schreiben an sich und eilte hinaus. "Es wird Zeit, dass wir Liutprand sich selbst überlassen", murmelte er.
Hochverehrte Majestät Aurore, Ahnin vom Geblüte Ventrus, Kind des Geoffrey Le Croix, Ahn seines Blutes, Kind des Alexandre de Paris, Ahnherr seines Blutes Kind des Ventrue, erster seines Blutes, Kind Enochs, des Weisen, Kind Kains, des Vaters,
mit großer Freude und Dankbarkeit nahm ich Ihre erfreuliche Antwort und die damit zusammenhängende Einladung zur Kenntnis. Selbstverständlich werde ich ihr zu gegebener Zeit folgen.
Untertänigst verbleibt
Yasir, Neugeborener der Banu Haqim, Kind von Mummun
Wenig später machte Yasir sich dann auf den Weg, die eineinhalb Tagesreisen entfernte Stadt Genau zu erreichen, um sich dann so pünktlich wie möglich an der Villa einzufinden. Edle Kleider trug er nicht, eher einfach dunkelgraue Gewänder, und auch auf Waffen hatte er zu diesem Zweck gänzlich verzichtet.
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Post by Il Narratore on May 2, 2015 15:51:14 GMT
Die Villa stand einige Kilometer außerhalb der Stadtmauer, hockte wie eine zum Sprung bereite Raubkatze auf den Hügeln nördlich der Stadt. Sie zu finden gelang ohne größere Schwierigkeiten, denn alle Welt wusste, dass dort lange Zeit der heutige Graf der Marcha Obertenghi gelebt und dass seine rechte Hand sich dort auf seinen Ruhestand vorbereitete. Zudem hatte der Reiter metikulöse Anweisungen hinterlassen, wie sich der Villa, ihrem sterblichen Besitzer und der unsterblichen Schönheit in ihrem Inneren zu nähern war.
Yasir machte sich also auf einem schlichten Kiesweg auf, gelangte an die äußerste Mauer, die nur kniehoch aber aus Bruchstein errichtet war, wo ihn zwei Bewaffnete nach seinem Namen und Begehr fragten. Sie salutierten schließlich vor ihm, hoben ihre Speere und ließen ihn ins Innere, wobei sie die Hacken zusammenschlugen und riefen: "Ihre Majestät heißt euch willkommen!" Nach einigen weiteren Wegminuten, in der nur die Geräusche des nicht sehr fernen Waldes, das Geheul der Wölfe im fernen Appenin und das Geräusch seiner eigenen Schritte auf dem Kies ihm Gesellschaft leistete, kam der Muselman schließlich an die zweie 'Mauer', die aus den rückwärtigen Wänden einer Vielzahl von Werksgebäuden bestand. Schützend umstanden Ställe, Scheunen, Mühlen, Pressen, Schuppen und Gesindehäuser die eigentliche Villa, die den Mittelpunkt der Anlage bildete. Das gebildete Auge des Mannes erkannte schnell, dass es sich um ein römisches Bauwerk handeln musste, als dieses einst mächtige Reich die größte Zivilisation gewesen war. In der Zeit vor dem Propheten und den goldenen Kalifen, ehe bärtige Wilde es eingerissen und aus seinen Wundern Gräber für ihre Barbarenkönige errichtet hatten.
Eine kleine Treppe führte hinauf zu dem doppelflügeligem Portal, das sich nach wenigen Minuten des Wartens öffnete. Ein Mann so breit wie hoch wackelte daraus hervor, die breite Brust umspannt mit einer Lorica Squamata, die für zwei gewöhnliche Männer gereicht hätte. Sein speckiger Schädel war kahl rasiert und glänzte im Mondlicht, sein Nacken schlug Wellen über der Halsberge und mit jedem seiner Schritte klang es, als würde ein Riese mit einer Keule auf den Stein der Treppen schlagen. Unten angekommen musterte er den Fremden mit einem Blick aus seinen wässrigen, blauen Augen, die wie die Augen einer Kuh sich tief im dicken Schädel eingegraben hatten und dennoch riesig wirkten. Er verneigte sich schließlich, widerwillig. "Seid willkommen, werter Yasir, tausendfach willkommen!", sagte Luccio dabei und richtete sich wieder auf. Mit einladender Geste deutete er auf das offenstehende Portal und fügte hinzu: "Ich bin Luccio Il Onnivoro. Bittet, tretet ein, die Herrin erwartet euch."
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Post by Yasir on May 2, 2015 21:07:08 GMT
Die Schritte des nicht besonders hochgewachsenen Mohren waren leicht und fedrig, fast gegenteilig zu denen, die der kahle Riese produzierte. Er ließ die Wachen hinter sich, ohne ihren Gruß zu erwidern und ließ den Blick nur beiläufig über die Architektur gleiten. Oder zumindest ließ er den Blick beiläufig wirken. Dass er in Wahrheit natürlich so viele Details wie möglich verarbeitete, verstand sich von selbst. Doch aus irgendeinem Grund lehnte er es ab, sich von irgendetwas beeindruckt zu zeigen. Den Zeitraum, den er vor dem Tor wartete, verbrachte er regungslos, die Hände vor der Brust ineinander gelegt und so starr wie Lots Frau bei der Zerstörung von Sodom und Gomorra. Wie ein Golem, dem man sein Chem genommen hatte. Erst als das Tor geöffnet wurde, kam wieder Regung in den Banu Haqim. Er lauschte den donnernden Worten des Mannes und nickte diesem dann zu. "Auch ich grüße Euch, Luccio Il Onnivoro." Mehr gab es nicht zu sagen. Er folgte der Weisung in die entsprechende Richtung, seinem Schicksal entgegen. Doch die Sterne standen gut, und selbst eine Ahnherrin musste sich ihnen beugen. Was sollte also schon gesehehen?
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Post by Il Narratore on May 5, 2015 16:50:21 GMT
Der Allesfresser führte den Mohren in das Innere der Villa. Im Eingangsbereich - einem einige Meter breiten und langen Raum zwischen der Eingangstür und dem zentralen Innenhof - standen einige weitere Wachen Spalier. Diese aber beachteten den Gast nicht weiter, sondern gingen mit hölzernen Bewegungen daran, das Portal wieder zu verschließen. Im Innenhof fiel der sanfte Schein von Öllampen auf den polierten Marmor der Wände und Säulen, auf die Mosaiken und das leicht bewegte Wasser des Beckens, das unter einer sternklaren Nacht sein stummes Dasein fristete.
Er wurde links durch den Säulengang geführt, vorbei an verschlossenen Türen, an Lampen und einer Unzahl an schlanken Säulen, die ihm von dem Becken trennten, über dem das Dach sich dem Himmel öffnete. Das Interieur war schlicht eingerichtet, ohne prunkvolle Wandbehänge, Dekorationen, Malereien oder Statuen. Ihre Schritte hallten sacht in der Luft wieder, die von dem schweren Geruch verbrennender Oliven geschwängert war. "Wir haben gehört, der Kalif hätte vor einigen Jahren seine sieglosen Generäle des Feldzugs der Allmacht hinrichten lassen. Ist es üblich im Süden, die Übermacht des Gegners der Schwäche der Verbündeten anzulasen?", fragte der Ghoul der Prinzessin in einem leichten Plaudertone, hob aber eine Augenbraue und schaute fragend zu dem Mohren herüber.
"Hmmm", machte er - ganz gleich wie die Antwort ausfiel - und nickte gewichtig. Schließlich kamen sie auf der dem Eingangsportal gegenüberliegenden Seite an, wo üblicherweise zwischen Garten und Atrium das offene Esszimmer sich befand, das aber im Moment noch mit einem dicken, schwarzen Tuch verhüllt war. Vor diesem hielt der Allesfresser an und blickte an Yasi herunter, nickte darauf einmal. Während er den Vorhang zur Seite zog, begann er auf der Domäne bekannte Weise eine alte Anrufung: "Ihre Majestät Aurore, Prinzessin Genua, Ahnin vom Blut der Könige. Kind des Geoffrey le Croise, Ahn vom Blut der Könige. Kind des Alexandre de Paris, Ahnherr vom Blut der Könige. Kind des Ventru, erster seines Blutes. Kind des Enoch, des Weisen. Kind des Kain, des Vaters."
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Post by Yasir on May 7, 2015 8:44:57 GMT
Der Mohre folgte dem Ghul ihrer Majestät in respektvollem Abstand, oder folgte dessen Anweisungen, falls er neben dem Araber her zu spazieren wünschte, und dachte einen Moment über die gesprochenen Worte nach. Es konnte ja nicht schaden, oder? Also erwiderte er: "Ganz recht. Es ist notwendig, den Untergebenen klar zu machen, dass Versagen nicht toleriert wird. Nur so kann ihre Loyalität auch dauerhaft sichergestellt werden." Seine Stimme war ruhig und gab keinen Aufschluss darüber, ob er das nun ernst meinte oder nur erzählte, was der Ghul seiner Meinung nach hören wollte. Es war eine nüchterne Aussage, ohne jede Leidenschaft vorgetragen. Als sie dann stehen blieben und der Ghul die Litanei der Vorfahren von sich gab, trat der Araber vor und sank auf die Knie, kaum dass er der Gestalt der Prinzessin angesichtig wurde.
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Post by Il Narratore on May 10, 2015 20:33:54 GMT
Die Ahnin Aurore, von der Yasir nur die Füße sehen konnte - ebenmäßige und zierliche Füße, die keinen Tag im Schmutz der Straße gesehen zu haben schienen und von keiner Sandale in Ketten gelegt wurden - mochte den Assamiten durch ihr jugendliches, geradezu mädchenhaftes Äußere irritieren. Tatsächlich schien sie sich zu bemühen, so wenig herrschaftlich als möglich auszusehen. Eine lange Tunika floß ihr weit am Körper herab, versteckte all ihre jugendlichen Reize unter weichem Stoff und endete knapp über ihren Knieen, welche über der linken Armlehne ihres schwarzen Eichenthrones baumelten. Diese war in Gestalt eines Löwen geschnitzt worden, der heute scheinbar recht müde das Maul aufriss. So müde wie die Prinzessin, die eine schneeweiße Hand zum Mund erhob, den sie eben scherzhaft zu einer Art Gähnen öffnete. Mit der wieder herabsinkenden Hand signalisierte sie dem Assamiten sich zu erheben.
Nun erst konnte Yasir die vielgerühmte Schönheit der Ahnin von der Bucht erkennen, oder jedenfalls aus ihren Zügen erahnen. Denn obwohl doch Fesseln, Schenkel, Handgelenke und Oberarme von einer Weißheit und Zartheit waren, die wohl selbst unter den Verdammten ihresgleichen suchte, so war ihre Haltung - wie sie quer auf dem Thron lag, mit der rechten Achsel über der Löwenmähne ihrer Armlehne hängend, den rechten Arm gen Boden baumeln lassend und den linken lässig über die Rückenlehne gehängt - und der scheinbar sorglose Zustand ihrer Kleidung wenig schmeichelhaft. Nur ihr Gesicht, dieses Engelsgesicht von betörender Reinheit, diese blutroten Lippen voller Süße, diese rosigen Wangen voll Lust, diese eisigen Augen ohne Gnade, versprachen dem Betrachter tausend Jahre Zweisamkeit. Heere waren einst für weniger nach Illium gesegelt. Ein keckes Lächeln umspielte ihren linken Mundwinkel, während eine schmale Augenbraue nach oben wanderte. Sie betrachtete den Gast und öffnete eine Spur den Mund. Röte stieg ihr in die Wangen und die Stirn. Blutige Lippen wurden benetzt.
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Post by Yasir on May 12, 2015 12:07:41 GMT
Als dem knienden Assamiten klar wurde, dass die Prinzessin wohl wartete, räusperte er sich und begann, ohne sich zu erheben, zu sprechen: "Hochverehrte Majestät Aurore, Ahnherrin des Clans der Könige und Herrscherin über Gennua! Vor Euch kniet Yasir, Neugeborener des Clans der Assamiten und Kind von Mummun. Ich danke Euch sehr für die große Ehre, die Ihr mir zuteil kommen lassen habt, indem Ihr mich zu Euren Füßen empfangt, nachdem Ihr mir so großzügig das Gastrechr gewährt habt. In aller Demut möchte ich darum bitten, Euer Vasall werden und mein bescheidenes Wissen und meine Tatkraft in Eure Dienste stellen zu dürfen."
Der Assamit trug die selbe Kleidung wie immer - ein graues Gewand, das wie eine Robe wirkte, jedoch auf den ersten Blick von einer solchen dadurch zu unterscheiden war, dass es aus wesentlich dünnerem Stoff hergestellt wurde. Es fiel ganz anders als die dicken Mönchskutten und es war bar jeglicher Symbolik. Die Kapuze hatte der Assamit natürlich nicht über den Kopf gezogen, sondern nach hinten verbannt.
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Post by Il Narratore on May 12, 2015 19:02:53 GMT
"Du schmeichelst mir, Yasir", sagte die Prinzessin auf Latein. Ihre Stimme umfloß ihn wie warmer Samt, drängte sich wie weicher Honig in sein Ohr und schmeichelte seinem Geist. Sie war ein wenig rauchig, wie aus großer Ferne und Nähe zu Gott oder dem Abgrund, doch hell und verführerisch. Eine Art melodiöser Singsang quoll aus ihrer Kehle, die solche feierlichen und zugleich vulgären Ausbrüche wohl geübt hatte. "Aber alt genug für meine eigne Brut bin ich nicht."
Sie zog ihre schmale Augenbraue nach unten und verlagerte ihr Gewicht so, dass ihr rechter Handballen nun auf der rechten Schläfe und sie gleichsam auf den Armlehnen lag, anstatt dazwischen zu sinken. Eine äußerst unbequeme Haltung auf einem so starren Stuhl, die ihr dennoch nichts auszumachen schien. "Und warum, Yasir vom Blute Haqims, sollte ich das tun, die ich Kinder der Nacht auf diese Gnade warten lasse, die weit mehr für mich getan und deren Abstammung weit weniger problematisch ist? Mein eigner Urgroßneffe im dritten Grade, der mit reichen Geschenken zu mir kam, wartet noch heute auf die Chance mich nicht zu enttäuschen." Erstaunlich, wie es war, suchte man doch Spott und Bitternis vergeblich in ihrer Stimme. Vielmehr klang sie - soweit ein Jungspund die Künste einer Königin zu beurteilen in der Lage war - über alle Maßen gespannt, was der eifrige Assamit ihr wohl anzubieten hätte.
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Post by Yasir on May 14, 2015 9:11:07 GMT
"Hochverehrte Majestät", begann er, ebenfalls in Latein, "ich bin niemand und daher nicht würdig, Eure Entscheidungen in Frage zu stellen. Das gilt auch für die von Euch getroffene Entscheidung, wem Ihr den Vasallenstatus einräumt und wem nicht." Er wartete einen Augenblick, ehe er fortfuhr: "Ich knie hier jedoch nicht mit leeren Händen. Zwar besitze ich keine Reichtümer, die ich Euer Hochverehrten Majestät anbieten könnte, doch besitze ich zwei Gaben, die unter Umständen erheblich mehr wert sein können als Gold und Silber. Die eine heißt Medizin und die andere heißt Information." Wieder eine kurze Pause. "Ich bin darüber informiert worden, dass es um die Gesundheit der Bewohner Genuas bisweilen sehr schlecht bestellt steht. Als Euer untertäniger Diener bin ich natürlich bereit, meine Pflicht zu erfüllen und meine Kenntnisse im Bereich der Heilkunst in Eurem Sinne einzusetzen. Als Vasall, als jemand, der nachweislich Euer Vertrauen genießt, wären mir sicherlich noch viel umfangreichere Aktionen zur Verbesserung der Gesundheit möglich. Insbesondere, weil es mir ein persönliches Bedürfnis ist, die Herde gesund zu halten und so nicht nur kurz-, sondern auch langfristig eine Gefährdung unserer eigenen Art zu verhindern." Erneut folgte eine kurze Pause. "Außerdem habe ich Eure Bitte, Euch mit Informationen aus meiner Heimat zu versorgen, nicht vergessen und hoffe, Euch damit in Hinblick auf meine Bitte milde stimmen zu können. Obgleich ich mir bewusst bin, dass Ihr meine Worte mit dem gebotenen Misstrauen beurteilen werdet." Damit schien er geendet zu haben.
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Post by Il Narratore on May 17, 2015 18:40:22 GMT
Stumm hörte die Prinzessin den Beteuerungen des Sarazenen zu. Ihre blauen Augen schienen etwas in ihm zu suchen, so sehr wie sie ihn musterten. Wie sie über jede Falte seiner Robe, jedes Haar seines Kopfes und jede Falte seines Mundes wanderten. Einen Moment lang, gerade als er von der Gesundheit Genuas zu erzählen begann, wanderte ihr Blick an ihm herunter. Auf der Höhe des Beckens hielt sie inne, die Lippen vulgär geschürzt.
Schließlich hob sie eine Augenbraue erneut, ein fragender Ausdruck lag auf ihren Zügen, noch während die leger auf ihrem Thron fläzende Ahnin ihren Blick wieder auf sein Gesicht richtete und sagte: "Tatsächlich habe auch ich eine Schwäche für das Blut und die Herde...doch du genießt mein Vertrauen nicht. Du verweilst seit einer Spanne von Zeit in meiner Domäne, die an mir so schnell vorbei zieht, wie ein Herzschlag an den Sterblichen. Ich hatte Träume und Illusionen, die manche Jahre länger gehalten haben, als meine Bekanntschaft zu dir. Eigentlich bist du mir sogar völlig gleichgültig, denn du existiert kaum länger als ein Schatten in meiner Welt. Eine flüchtig vorbeieilende Elster oder vielleicht ein Setzling, dessen Wurzeln noch offen und wund liegen."
"Ich mag dir die Gelegenheit geben, dich in meiner Domäne einzufinden und mir zu beweisen, dass du mein Vertrauen verdienst, dass deine Absichten ehrlich sind", sagte sie nach einer schier unendlich langen Zeit, in der sich nichts in dem Raum regte. Kein Lüftchen bewegte ihre Kleider, kein Seufzer entfloh ihren Lippen, kein Atmen bewegte ihre Brust. Die Ahnin hob ermahnend einen Zeigefinger und die Spur eines Lächelns breitete sich auf ihren roten Lippen aus. Frech zogen sie sich von der linken Seite ihres Mundes empor und offenbarten das Elfenbein ihrer Fänge. "Aber nur unter einer Bedingung: Du wirst meine Domäne von einer Krankheit heilen, die wie Fäulnis sich in das Fleisch ihrer Bewohner gegraben hat. Heile meine Herde von ihrem Hass."
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Post by Yasir on May 18, 2015 15:53:41 GMT
Der Assamit lauschte den Worten der Prinzessin stumm und in seiner Mimik veränderte sich währenddessen nichts. Erst als die Ventrue geendet hatte, erwiderte er, nach einer angemessenen Pause:
"Ich danke Euch sehr für diese Gelegenheit, Euer Majestät. Ich werde mein Möglichstes tun, diese Krankheit zu heilen, auch wenn ich sicher bin, dass dazu andere Kuren nötig sind als die, die ich normalerweise verwende." Der letzte Teil wirkte eher wie ein gedankliches Addendum, das er an sich selbst richtete, auch wenn es offenkundig an sie gerichtet war.
Dabei verließ der Assamit aber nie seine kniende Haltung, die die Demut, oder zumindest das Traditionsbewusstsein, zum Ausdruck brachte. Er hielt den Blick gesenkt, da ihm nichts anderes gesagt wurde und erwartete weitere Worte. Sollten keine mehr folgen, würde er sich in der gewohnt höflichen Manier verabschieden und zurückziehen.
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Post by Il Narratore on May 22, 2015 11:01:20 GMT
"Ich bin auch keine Herrscherin, wie du sie normalerweise findest", sagte die Prinzessin auf ihrem Thron liegend und erlaubte sich ein leichtes Schmunzeln. "Mein Volk, wie du bemerken wirst, und meine Untertanen erfordern auch gänzlich eigene Mittel. Ich empfehle dir, dich mit Benedetto vom Blute des Kappadozius und Maximinianus vom Blute des Ventru sowie auch Ferrucio Erminio vom Blute des Malkav bekannt zu machen, ehe du die genaue Art deiner Kur bestimmst."
Einen Augenblick lang zögerte dann die weiße Prinzessin. Schien zu überlegen, ob sie noch etwas sagen, eine weitere unmögliche Aufgabe auf den Rücken des Neuankömmlings laden sollte. Sie schien sich dagegen zu entscheiden, denn sie schwang die Beine von der Armlehne und nahm eine aufrechte Sitzposition ein, die ihrer Herrschaftlichkeit angemessener schien.
"Ich akzeptiere euch hiermit in der Domäne Genua, Yasir, Kind des Mammun von den Banu Haqim. Wisset, dass alles Land und Blut vom Buccebovis bis zum Bisagno, von Lucculus bis zum Meer das meine ist. Sündigt gegen eines davon und ihr vergeht euch gegen mich. Es sei euch erlaubt, euch außerhalb der Stadt zu nähren und niederzulassen nach eurem Gutdünken." Bedächtig hob sie die rechte Hand, wie zum Schwur oder als Einwand, die Handfläche nach vorne gestreckt. "Meine Herrschaft sei euer Schild, solange ihr innerhalb der Mauern des Frankenkönigs verweilt. Wisset auch, dass diese Herrschaft ihren Preis hat, Yasir, und dass es eure Pflicht ist den Erhalt dieser Aegis zu gewährleisten", intonierte sie mit dem feierlichen Duktus einer Priesterin.
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Yasir
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Post by Yasir on May 28, 2015 18:33:50 GMT
Yasir, der die ganze Zeit über kniete, unterdrückte die Verwunderung, die in ihm aufzusteigen begann, nachdem die Regina Alba geendet hatte. Ein wenig unklar, was nun als Nächstes folgte, da sie ganz offensichtlich keinen Schwur seinerseits wünschte, nickte er schließlich und stieß einige lateinische Worte aus: "Ich danke Euch, Euer Majestät. Ich werde mein Möglichstes tun, um der von Euch gestellten Aufgabe nachzukommen und mich auch davon abgesehen niemals gegen Euch und Euer Blut zu versündigen, noch gegen jene Kinder der Nacht, die von Euch hier geduldet werden." Seine Stimme klang nüchtern und nicht im geringsten feierlich, doch das mochte man dem Weitgereisten kaum zum Vorwurf machen. Sollte er entlassen werden, würde er sich mit aller gebotener Höflichkeit zurückziehen.
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