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Post by Benedetto on Jun 21, 2015 6:22:12 GMT
Es waren einige Wochen seit dem Zusammentreffen mit dem dicken Kappadozianer vergangen, da trat ein junger Mönch an Yasir heran und verneigte sich leicht - eine ungewöhnliche Geste gegenüber einem so eindeutig Fremden. Doch dann sprach er: "Geehrter Herr Yasir, Bruder Benedetto spricht euch eine Einladung auf das Kloster San Marcellino aus. Wenn es euch genehm ist, so würde er euch bitten, in drei Tagen im Dorf Burgus die Schmiede von Tomas und Matteo aufzusuchen, von wo aus man euch zur Priorei führen wird."
Mit freundlichem Lächeln fügte er hinzu. "Natürlich ist auch jeder andere Ta... jede andere Nacht Recht." Er verneigte sich erneut und erwartete geduldig die Antwort des Fremdländers. Falls er von dessen Kleidung oder Hautfarbe irritiert war, so zeigte er es zumindest nicht.
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Post by Yasir on Jun 22, 2015 13:45:04 GMT
Je nachdem, zu welcher Tageszeit man nach dem Assamiten schicken würde, würde ihn entweder dieser selbst oder ein älterer Mann griechischer Abstammung empfangen, und die Botschaft entgegen nehmen. Im erstern Fall würde der Bote informiert werden, dass man gedachte, der Einladung zu folgen, im letzteren würde ihm nur das Versprechen gegeben werden, die Nachricht weiterzuleiten. So oder so erschien der Assamit dann drei Nächte später bei der erwähnten Schmiede und teitle dort sein Begehr mit, zur Priorei geführt zu werden und dass Bruder Benedetto ihn erwarte. Er trug die gleiche aschgraue Robe wie sonst auch.
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Post by Benedetto on Jun 22, 2015 16:45:32 GMT
Der Bote war des Nachts erschienen und hatte die Nachricht persönlich überbringen wollen, was ihm in dem Fall ja dann auch geglückt war.
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Als Yasir die Schmiede betrat, fiel ihm zunächst auf, dass es darin angenehm kühl war. Entweder hatte der Schmied sein Tagewerk schon lange beendet oder der Schmiedeofen hatte heute gar nicht erst gebrannt. Letzteres war aufgrund der Natur des Besuchers wahrscheinlicher. Drinnen stand ein junger Mann mit muskulösen Armen und sortierte säuberlich die Instrumente des Handwerkes, Hämmer und Zangen.
Er blickte auf und einen Moment weiteten sich seien Augen misstrauisch, aber dann trat er rasch um den Amboss herum und verneigte sich hastig vor Yasir. "Einen g-guten Abend w-wünsche ich, werter Herr. Bitte, s-setzt euch!" Er wies auf einen vergleichsweise sauberen Stuhl in der Ecke des Raumes. "Es w-wird nicht lange dauern!" Eilig verließ er die Schmiede durch die Seitentür, die die Werkstätte mit dem Haus daneben verband.
Es waren nur wenige Herzschläge vergangen - nicht, dass Yasir solche hatte um sie zu zählen - als sich die Tür erneut öffnete und mit dem jungen Schmied der Mönch, der als Bote fungiert hatte, eintrat. Dieser umarmte den Schmied, wie zum Abschied. Und spätestens jetzt fiel Yasir auch die Ähnlichkeit der beiden auf. Offenbar waren sie verwandt, vielleicht sogar Brüder.
Auch der Mönch verneigte sich vor Yasir und machte eine einladende Handbewegung. "Bruder Benedetto erwartet euch bereits. Bitte, hier entlang." Er öffnete die Tür und würde Yasir durch die Wege des Dorfes und darüber hinaus führen, so dieser ihm folgte...
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Post by Yasir on Jun 23, 2015 15:31:38 GMT
Die Nervosität des Schmiedejungen nahm der Assamit ungerührt entgegen, nickte diesem lediglich freundlich zu und verbrachte den Rest der Zeit damit, sich im Inneren der Schmiede umzublicken. Nicht, dass er die nötigen Kenntnisse hätte, die Qualität der Einrichtung zu beurteilen, aber das war gewiss auch nicht nötig. Die Schmiede existierte und das war alles, was von Bedeutung war. Als dann die Tür geöffnet wurde und der Mönch herein kam, richtete die Aufmerksamkeit des Assamiten sich auf diesen. Auch ihm wurde zugenickt, ehe der Araber in der grauen Robe sich in einer fließenden Bewegung erhob und dem Mönch schweigend folgte.
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Post by Benedetto on Jun 23, 2015 21:25:09 GMT
Der Weg führte nach Westen aus dem Dorf heraus, über den Fluss, woraufhin die beiden nach Süden abbogen. Den Mönch schien das Schweigen nicht zu stören, er wandte sich nur gelegentlich um, um zu prüfen, ob Yasir noch immer hinter ihm schritt. Der Weg führte durch Olivenhaine auf das Meer zu. Man konnte den Salzgeruch in der Luft riechen.
Schon von weitem war ein Licht zu erkennen, das am Ende des Weges brannte. Doch erst als sie näherkamen, schälten sich darum die Gebäude des Klosters San Marcellino heraus. Yasir fielen die Baumaterialien auf, die am Wegesrand aufgeschichtet waren. Zudem konnte er undeutlich Gerüste an einigen der Gebäuden ausmachen. Doch der Lärm der Handwerker war längst verstummt und das Kloster lag ruhig und still da.
Der Mönch führte ihn durch eine Seitentür, die ein anderer junger Mönch öffnete. "Willkommen, Herr Yasir", sagte dieser leise. "Ich bin Bruder Citus. Bitte folgt mir, ich führe euch zu Bruder Benedetto. Seid aber bitte leise, die Brüder sind schon lange zu Bett gegangen und wir wollen sie nicht unnötig stören." Er verneigte sich leicht, dann schritt er durch die leeren Gänge aus.
Sie traten in den Kreuzgang des Klosters hinaus, durchquerten einen weiteren Gang und kamen schließlich vor einer geschlossenen Tür an. "Bitte, hier hinein", sagte der Mönch leise und klopfte. Dann öffnete er die Pforte, ließ Yasir hindurchtreten und schloss sie wieder.
Die Stube dahinter war offensichtlich das Scriptorium des Klosters, voller Holzbänke, schlecht geheizt und zu diesem Zeitpunkt nur vom Schein einiger Kerzen erleuchtet, die auf einem Tisch und einem der Pulte standen. Am Pult selbst saß Benedetto, gerade im Begriff sich zu erheben. "Ah, willkommen, Herr Yasir." Er stand auf und ging langsam auf den Besuch zu. "Willkommen in San Marcellino."
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Post by Yasir on Jun 25, 2015 14:39:04 GMT
Weiterhin folgte der Assamit und ließ den Abstand zu seinem Führer dabei nicht allzu groß werden. Trotzdem nahm er sich die Zeit, diese oder jene Dekoration, das eine oder andere Gemälde oder Ziergegenstand zu betrachten, tat dies aber im Vorübergehen. Das genügte bei seinem scharfen Blick anscheinend. Er gab keine Wertung ab, weder verbal noch non-verbal. Dazu kam, dass seine Schritte erstaunlich leise waren. Es war fast, als würde einem ein Schatten folgen. Nur das Rascheln der schweren grauen Robe hier und da vermochte die Stille zu füllen, die immer dann eintrat, wenn die alltäglichen, oder besser allnächtlichen, Geräusche des Klosterlebens in den Hintergrund rückten.
Im Scriptorium angekommen neigte Yasir den Kopf in Richtung des Hausherren und erwiderte dann, als jener sich erhoben und begonnen hatte, auf ihn zu zu gehen: "Ich entbiete Euch neugierige Grüße, Herr Benedetto." Seine braunen Augen erfassten das Gesicht des fettleibigen Totengräbers.
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Post by Benedetto on Jun 25, 2015 16:52:30 GMT
"Eine ausgezeichnete Voraussetzung", stellte Benedetto ernst fest und verneigte sich seinerseits. Dann wies er auf den Tisch. "Bitte, setzt euch doch." Er selbst schritt währenddessen zu seinem Schreibpult und nahm einige Pergamente davon herunter. Schwer ließ er sich auf den Stuhl zu Yasirs Rechten fallen. "Ich bin froh, dass ihr gekommen seid. Ich habe ein Angebot für euch. Aber zunächst..."
Benedetto breitete die Pergamente vor sich auf dem Tisch aus. Es waren fein säuberlich geschriebene Buchstaben darauf, karolingische Minuskel in lateinischer Sprache. Auf den ersten Blick konnte Yasir erkennen, dass es sich dabei um Beschreibungen von Heilkräutern handelte. Das wurde ihm allerdings auch erleichtert dadurch, dass neben der Schrift kunstvoll ausgeführte Zeichnungen eben dieser Kräuter zu sehen waren. Leuchtende, kräftige Farben sorgten dafür, dass die Pflanzen beinahe lebendig wirkten.
"Das Ergebnis meiner Befragungen unter den Kräuterweibern, gepaart mit dem Wissen, das ich bereits besaß und dem Wissen, das die Bibliothek des Klosters hergab", sagte der dicke Mönch mit einem Hauch von Stolz. Dann weiteten sich seine Augen und er fuhr leiser, demütiger fort. "Ein Werk im Namen des Herren."
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Post by Yasir on Jun 25, 2015 22:13:16 GMT
Der Assamit nahm Platz und folgte den Bewegungen des Mönches mit dem Blick. Als jener die Pergamente auf dem Tisch ausbreitete, heftete der Blick des Banu Haqim sich sofort darauf. Mit großer Sorgfalt betrachtete er die Bilder, jedoch nur soweit er sie sehen konnte, ohne die Pergamente anzufassen, denn das tat er nicht. Als Benedetto sie kommentierte, behielt er den Blick auf die Papierstücke gerichtet und nickte verstehend. Erst als die Stimme des Dicken verhallt war, richtete der Mohr den stechenden Blick seiner braunen Augen wieder auf das leichenblasse, aufgedunsene Gesicht. "Und, seid Ihr bereits dazu gekommen, dieses Wissen zu... evaluieren?" Neugier schwang in seiner Stimme mit, aber auch ein Hauch von Zweifel.
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Post by Benedetto on Jun 26, 2015 9:09:02 GMT
"Nur anfänglich. Aber das ist einer der Gründe warum ihr heute hier seid, werter Yasir." Er schob die Pergamente zu dem Neugeborenen der Banu Hakim hinüber. "Dies sind Abschriften. Ich hoffe, dass sie euch bei eurer Tätigkeit als Heiler nützen werden. Und ich hoffe, dass ihr mir im Gegenzug davon berichtet, ob die Kräuter als Heilmethoden anschlagen." Er hob die Hand. "Natürlich habe ich nur solche ausgewählt, die aus meiner eigenen Erfahrung, den Beobachtungen der Kräuterweiber und dem Wissen der Bibliothek einigermaßen übereinstimmende Ergebnisse erzielen."
Der fette Mönch faltete die Hände. "Das eigentliche Angebot, das ich euch vorbringen will, hat ebenfalls damit zu tun. Seht ihr, ich habe auf dem Hof der Prinzessin feststellen müssen, dass sich einige der Kainskinder der Stadt in Koterien organisieren. Und die Prinzessin hat solche Anstrengungen auch belohnt..." Er runzelte die Stirn, so als sei er nicht vollständig damit einverstanden, sagte aber nichts weiter dazu, sondern fuhr fort: "Die Koterie der Klauen, selbsternannte Ordnungshütern, ist zu Liktoren ernannt worden. Die Koterie der Könige zu Ädilen. Dort massiert sich Macht."
Benedetto winkte ab. "Normalerweise würde mich Macht nicht im geringsten Interessieren, sofern es nicht die Macht des Wissens ist. Aber ich kann mir gut vorstellen, was geschieht, wenn diese Koterien sich auf unabhängige Vampire konzentrieren." Er schwieg für einen Moment.
"Ich denke, ihr versteht was ich meine. Mein Vorschlag daher ist eine engere Zusammenarbeit zwischen den Kainskindern der Stadt, die das Wissen schätzen. Bedauerlicherweise kommen dafür nur wenige Personen in Frage. Aber ihr gehört definitiv dazu." Der Kappadozianer lächelte für einen kurzen Augenblick, dann wurde er wieder ernst.
"Mein Angebot daher: Ich, als Vasall ihrer Majestät Aurore biete euch, dem Neuankömmling mit zumindest fragwürdiger Herkunft..." er sprach sachlich, nicht spottend "...Zusammenarbeit als Gleichberechtigte an, wie in diesem Fall." Benedetto zeigte auf die Pergamente. "Gemeinsam streben wir die Ziele an, bei denen unsere Interessen sich überschneiden. Wir teilen unsere Ressourcen und arbeiten daran, uns gegenseitig zu vertrauen. Je mehr wir vertrauen, desto mehr Wissen können wir teilen."
Der dicke Mönch blickte Yasir nachdenklich an. "Was sagt ihr dazu?"
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Post by Yasir on Jun 26, 2015 15:06:59 GMT
Der Araber folgte der Handbewegung des Mönches, ohne die rübergeschobenen Pergamente anzufassen. Einen oder zwei Augenblicke lang verblieb der Blick der haselnussfarbenen Augen auf den Zeichnungen, ehe er mit einem deutlich sichtbaren Anflug der Verwirrung zurück kehrte in das Gesicht des Mönches. "Ihr seht mich verwirrt, werter Benedetto. Verwirrt und ein wenig enttäuscht. Zum einen hatte ich den Eindruck, wir hätten die Übereinkunft der Zusammenarbeit bereits bei unserem letzten Treffen getroffen. Und zum anderen muss ich nun feststellen, dass Eure Behauptung, Ihr hättet kein Interesse an weltlicher Macht, wohl nicht der Wahrheit entsprach." Auch seine Tonlage war sachlich, trotz des schneidenden Inhalts. Er vollführte eine abwinkende Handbewegung. "Wie dem auch sei. Das Kind der Nacht strebt von seinem Wesen her nach Macht und es war wohl naiv, anzunehmen, Ihr hättet diesen Instinkt niederringen können, inmitten und umgeben von Prunk und Schein. Ich mache es Euch nicht zum Vorwurf. Doch sehe ich nun, dass wir zumindest in dieser Hinsicht keine Brüder im Geiste sind." Erneut winkte der Assamit ab. "Zum jetzigen Zeitpunkt finde ich Eure Argumente dafür, eine solche....Koterie... zu gründen, nicht besonders überzeugend. Bloß weil andere das getan haben und dafür einen netten nichtssagenden Titel erhalten haben? Und was sollten die anderen Kinder der Nacht davon habgegen von uns zu verbünden? Zumindest ich kann nicht behaupten, mit einem von ihnen befeindet zu sein." Es folgte eine kurze Pause. "Im Übrigen könnte man Euren Kommentar zu meiner Abstammung so auffassen, dass Ihr die Entscheidung der Weißen Prinzessin, mir das Gastrecht gewährt zu haben, in Frage stellen wollt."
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Post by Benedetto on Jun 26, 2015 17:22:55 GMT
Der dicke Mönch wirkte ehrlich empört. Er hatte die Augenbrauen zusammengezogen und schüttelte den Kopf. Für eine Weile sagte er gar nichts. Dann tappte er mit den Fingern auf den Tisch. Schließlich nickte er. "Ah. Ein Missverständnis. Verständlich." Er entspannte sich etwas. "Ich hätte es deutlicher machen müssen. Die anderen Kainskinder der Stadt massieren Macht." Er machte eine kreisende Bewegung auf dem Tisch. "Sie arbeiten zusammen. Ein Beispiel: Auf Hörensagen des Ventrue Maximinianus und weiterer Kainskinder verbannte die Lasombra Acacia della Velanera den Malkavianer Ferruccio aus ihrem Elysium. Ohne ein klärendes Gespräch, ohne Zögern."
Er tippte auf der anderen Seite des Tisches. "Hier stehe ich. Hier steht ihr. Ihr - und ich - wir wollen keine weltliche Macht. Wir wissen, dass sie nichts ist im Vergleich zum Wissen. Aber ich für meinen Teil will Sicherheit. Die Sicherheit, nicht einfach zum Spielball..." er deutete wieder auf den Kreis "...der anderen zu werden. So wie es Ferruccio passiert ist. Wenn ihr ohne diese Sicherheit leben wollt, so ist mein Angebot wohl nicht interessant für euch und wir sollten nicht mehr davon reden."
Benedetto lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. "Ich gebe euch lediglich zu bedenken, dass die Prinzessin euch zwar aufgenommen hat, jedoch bisher als Gast - und ich hier Jahre verbracht, Erfahrungen gesammelt, Beziehungen geknüpft habe, die euch weitere Quellen des Wissens auftun könnten. Ich wiederum kann eure Hilfe bei meinen Forschungen gut gebrauchen. Und - verzeiht meine Direktheit, aber ich halte nichts von Schönfärberei - eure Abstammung könnte euch hier Türen verschließen. Nicht mehr und nicht weniger habe ich angedeutet. Türen, die wir gemeinsam öffnen können."
Der Kappadozianer schwieg für einen Moment und fuhr dann leise fort. "Dies ist erst unsere zweite Begegnung und ich hatte die Befürchtung, zu schnell vorzugehen. Was ich mir erhoffte, war eine gewisse Formalisierung unserer Zusammenarbeit. Wenn ich euch beleidigt habe, dann entschuldige ich mich dafür. Ich will kein Abhängigkeitsverhältnis, keinen Wettkampf. Ich will die Zusammenarbeit zweier gleichberechtigter Partner - oder mehr, falls wir weitere Interessierte finden."
Er faltete die Pergamente zusammen und legte sie vor Yasir auf den Tisch. "Dies ist ein Zeichen des Vertrauens meinerseits euch gegenüber. Wenn ihr wollt, so nehmt es und geht und ich werde euch nicht weiter behelligen." Immer noch ein wenig missmutig blickte er Yasir an.
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Post by Yasir on Jun 27, 2015 11:32:09 GMT
Der Assamit hörte dem Kappadozianer ungerührt zu, ohne dass sich an seiner leicht verfinsterten Miene etwas änderte. Augenscheinlich sagte Benedetto nicht das, was Yasir hören wollte. "Korrigiert mich, wenn ich mich irre, aber Ihr selbst, ein Mitglied der Hohen Clans, hat erst vor kurzem den Status eines Vasallen errungen, nachdem Ihr wie viele Jahre lediglich als Gast geduldet worden wart?" Die Tonlage machte klar, dass die Frage rhetorisch war. Der Assamit hatte wohl nicht vor, sich unterbrechen zu lassen.
"Mit dem Ventrue Maximinianus habe ich mich bei unserem letzten Treffen ebenso gut verstanden wie mit Euch. Ich sehe also nicht, wieso er Verleumdungen mir gegenüber ausstoßen sollte." Der Assamit hob die Schultern. "Euch hingegen verbindet eine offene Feindschaft mit dem Ventrue. Würde ich mich nicht selbst zum Ziel machen, wenn ich ein öffentliches Bündnis mit Euch einginge? Mir liegt nicht viel daran, dieses selbsterklärte Elysium zu besuchen, Euch offenbar schon. Die Weiße Prinzessin wird hart gegen jedes Kainskind vorgehen, das die Hand gegen einen Bruder erhebt. Und für alles andere, Sticheleien wie Verbannungen aus dem Elysium, fehlt bei mir die Angriffsfläche." Es trat ein Funkeln in seine Augen. Er lehnte sich zurück, ohne die Abschriften von den Heilpflanzen an sich zu nehmen oder auch nur zu berühren. "Es scheint also, dass dieses öffentliche Bündnis für Euch wertvoller ist als für mich."
Er hob die Schultern und seine Miene wurde weniger streng, weicher. "Ihr habt Feinde, Benedetto. Und ich habe kein Interesse daran, zur Zielscheibe zu werden, bloß weil ich mich öffentlich mit Euch verbünde. Könnt Ihr mir in die Augen sehen und guten Gewissens behaupten, dass das nicht der Fall sein wird?" Seine Stimme klang aufmunternd. "Dann will ich mich trotz allem mit Euch zusammen schließen und gemeinsam dazu beitragen, dass die Menschen Genuas gesünder werden."
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Post by Benedetto on Jun 27, 2015 14:10:11 GMT
"Wenn ich es nicht besser wüsste..." Die Stimme des Kappadozianers wurde kalt, eiskalt. "...dann könnte ich auf die Idee kommen, dass ihr meine Worte mit Absicht verdreht. Dass ihr, der Machtspielchen so sehr verachtet, ebensolche nun mit mir zu spielen sucht. Mich irgendwie in die Position eines Bittstellers drängen wollt." Seine Hand war zur Faust geballt. "Aber natürlich ist das hier ebenfalls nur ein Missverständnis."
Benedettos bleiche Augen fixierten Yasir. "Erlaubt mir also, euch noch ein weiteres Mal aufzuklären: Nichts interessiert mich weniger, als diese unheilige Versammlungshalle, in denen die Könige ihre Lügen in die Welt speien. Es war nur ein Beispiel für deren Macht - und deren Machtspielchen. Aber was ist, wenn mir morgen der Zutritt zu den Archiven der Stadt verwehrt wird, weil ich einen der ihren beleidigt habe? Was, wenn ihr plötzlich eure Patienten nicht mehr besuchen dürft, weil ihr kein guter Christ seid?"
Er beugte sich vor. "Meine Fehde mit Maximinianus begann nicht, weil ich das so wünschte, sondern w iheil er sich von mir angegriffen fühlte. Könnt ihr sicher sein, dass ihr einen der ihren nicht auch einmal durch Zufall beleidigt? Oder einen der Klauen? Ich habe immerhin mit Maximinianus Frieden geschlossen und bisher haben wir beide uns daran gehalten... zumindest hoffe ich das. Ich habe ihn bereits früher beim Wortverdrehen und Lügen ertappt und könnte euch Beispiele nennen, aber warum sollte ich?"
Der fette Mönch verzog das Gesicht. "Denn ihr tut ja nichts anderes. Ihr werft mir Machtgier vor und legt mir eure Worte in den Mund. Und fragt mich rhetorische Fragen. Natürlich kann ich euch keine Garantie geben, dass euch kein Nachteil erwächst. Ich könnte euch zusichern, dass die Vorteile die Nachteile überwiegen würden. Aber warum, warum sollte ich?"
Er schob die Pergamente über den Tisch. "Nehmt - geht und heilt eure Kranken. Ich bin interessiert, ob die Kräuter wirken. Und wenn ihr doch eines Tages einen Verbündeten braucht, dann geht ruhig zu Maximinianus. Ich bin sicher, er verspricht euch mehr, als ich euch bieten kann. Ihr werdet außerdem sehr viel dabei lernen." Ein grimmiges Lächeln umspielte seine Lippen. "Meine Zeit aber ist zu kostbar für rhetorische Spielchen und Manipulationen."
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Post by Yasir on Jun 29, 2015 11:17:45 GMT
Die Miene des Assamiten blieb ungerührt, zumindest verfinsterte sie sich nicht weiter. Lediglich den Kopf neigte Yasir hin und wieder zur einen oder zur anderen Seite, als würde er konzentriert nachdenken. Schließlich erwiderte er in gespenstisch ruhiger Tonlage: "Ihr seid an mich heran getreten, habt um dieses Treffen gebeten und wollt mir nun weismachen, Ihr wärt nicht der Bittsteller in dieser Situation, sondern ich?" Er hob die Arme in einer Geste hilflosen Unverständnisses. In einer fließenden Bewegung erhob der Assamit sich, auf dass der Stoff der grauen Robe raschelte und er einen Moment lang von weit oben zum Kappadozianer hinab sah, neben dem Stuhl stehend. "Trefft mich gerne ein weiteres Mal, wenn Ihr in der Lage seid, klar zu denken und nicht hinter jedem skeptischen Wort den Dolch des Verrats zu vermuten. Meine positiven Erfahrungen mit dem Ventrue sollten einem gepflegten Wissensaustausch nicht im Weg stehen, sie sollten für Euch schlichtweg irrelevant sein" Erneut hob er die Schultern. Sollte der Kappadozianer sich bisweilen erhoben haben, würde der Blick des Assamiten unentwegt an dessen Augen festhalten und somit der Bewegung folgen. Er gestikulierte vage in Richtung des Raums insgesamt. An den Pergamenten schien er kein Interesse zu haben. "Ich wünsche Euch dennoch noch eine angenehme Nacht, Bruder Benedetto. Wenn Ihr einmal meine Hilfe benötigen solltet, wisst Ihr ja, wie Ihr mich finden könnt."
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Post by Benedetto on Jun 29, 2015 13:56:01 GMT
Benedetto nickte nur finster, erhob sich dann langsam. "Wenn wir uns zufällig getroffen hätten und ich euch das Angebot dann gemacht hätte - was wäre ich dann gewesen? Wahrlich, wenn es in eurem Denken nur Bittsteller und Gönner geben sollte, so wäre eine Zusammenarbeit ohnehin nicht sehr angenehm. Ich suche gleichberechtigten Wissensaustausch und eine gewisse Sicherheit in der Masse. Nicht mehr und nicht weniger."
Dann öffnete er Yasir die Tür. Draußen wartete bereits der junge Mönch, bereit, ihn aus dem Kloster zu führen. "Glaubt mir, ich werde euch nicht mehr aufsuchen... das Risiko eines Missverständnisses ist mir doch zu groß." Er neigte den Kopf. "Im Gegenzug wisst ihr natürlich, wo ihr mich findet." Sein Gesichtsausdruck wirkte nicht so, als ob er daran glaubte, dass der Assamit ihn aufsuchen würde.
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