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Post by Ferrucio Erminio on Oct 20, 2014 12:38:19 GMT
Regen. Seid Stunden nichts als Regen. Es war eine dieser Nächte in denen der Niederschlag die gesamte aufzuweichen schien. Die Straßen waren durchnässt und der Schlamm klebte einem an Schuh und Mantel. Nach nur wenigen Minuten konnte man schwören die Nässe sog sich in Knochen und Seele. Immerhin spülte es den Schmutz aus den Straßen hinaus ins Meer und man konnte freier atmen, sofern es von Nöten war.
In dieser Nacht waren die Straßen beinahe völlig verwaist bis auf den gelegentlichen Taugenichts der sich berauscht in seine Hütte zu fliehen suchte. Doch aus den Schatten der Stadtmauern formte sich eine Gestalt, deutlicher und deutlicher mit jedem Schritt. Begleitet vom Geräusch von beschlagener Hufe auf dem feuchten Grund trat ein Mann hervor, in seiner rechten die Zügel eines braunen Rosses.
Sein Gesicht war verdeckt von der Kapuze an seinem Mantel, dessen dicke Wollen ihn vor dem Regen schützen sollte. Dennoch war einem aufmerksamen Beobachter der Wappenrock und das Kettenhemd darunter nicht verborgen geblieben. Ebensowenig machte sich der Reisende Mühe das Langschwert an seiner rechten Seite zu verbergen. Unter der tropfenden Kapuze war es schwer Merkmale zu erkennen, bis auf ein markantes, bärtiges Kinn und den Beginn einer grässlichen Narbe auf seiner Wange.
"Das Wetter ist ebenso beschissen wie sonst wo", grummelte er vor sich hin und hielt für einen Moment um die Decke auf dem Rücken des Pferdes zurecht zu rücken. "Die Herrin der Meere hat man diese Stadt mal genannt, nicht dass man solches noch erkennen würde." Seine Stimme war rau, klang gereizt und sein Akzent stammte definitiv nicht aus der Region. Ein Fremder, wie hunderte andere auch. Eine Ratte, aus ihrem Versteck gespült, rannte zwischen seinen Beinen über die Straße auf der Suche nach einem trockenen Fleck. Blitzschnell jedoch krachte der Stiefel des Fremden auf das Tier hinab und ein lautes Knacken durchbrach die Stille. Achtlose stoß er den Leichnam mit dem Fuß beiseite und setzte seinen Weg fort.
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Post by Benedetto on Oct 20, 2014 13:00:57 GMT
Die Mönchsrobe klebte an den vielen Rundungen des Körpers darunter, als sich Benedetto durch die nassen Straßen schob. Unter seinen Schuhen quietschte es feucht und lehmig, sein dickes Gesicht war tief in die Kapuze zurückgezogen. Nur die Hände schienen trotz des wenigen Lichtes fast zu leuchten, so leichenblass waren sie.
Schließlich zog er sich in einen Hauseingang zurück, um der Nässe wenigstens für einen Augenblick zu entgehen. Eigentlich machte ihm Regen nichts aus. Krankheit hatte er schließlich nicht zu fürchten und auch an die Kälte war er gewohnt. Doch er wollte sich davon überzeugen, dass seine Pergamente unter der Robe, in der Tasche nicht zu feucht wurden. Seine Wurstfinger wollten gerade hineingreifen, als er den Schritt des Pferdes über dem Rauschen des Regens vernahm.
Der dicke Geistliche hielt inne und leckte sich die Lippen. Er beobachtete aus dem Schatten heraus, wie sich die Gestalt des Kriegers aus dem Dunkel schälte. Sein Blick wanderte über Narbe und Kettenrock, dann hin zu dem Schwert. Ein Krieger. Benedetto rieb sich seine Kinne. Schien über etwas nachzudenken. Dann verstaute er die Tasche wieder unter seiner Robe.
Als er aufsah, schnellte der Stiefel des Mannes nieder. Benedettos Augen weiteten sich. Für einen Moment beobachtete er die Todeszuckungen der Ratte, fasziniert. Dann, als der andere weitergehen wollte, trat er langsam aus den Schatten hervor und lächelte freundlich. Angesichts der Bleiche der Wangen und ihrer quellenden Form war es kein schöner Anblick.
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Post by Ferrucio Erminio on Oct 21, 2014 18:29:13 GMT
Die dunkle Robe machte es Antonio nicht einfacher den Mönch im Dunkel zu entdecken und es schien als würde er den Bruder ignorieren und seines Weges ziehen. Doch die bleiche, glänzende Haut fiel ihm ins Auge sobald der Mönch ins Mondlicht trat. Unmittelbar blieb der Krieger stehen und seine Rechte packte instinktiv das Schwert an seiner Seite. Doch anstatt des zuerst erwarteten Räubers oder Diebes sah er dort eine beleibte, runde Gestallt mit glänzend weißer Haut stehen. Belustigt hob sich sein Mundwinkel ob des Fremden.
Langsam drehte er sein Pferd und ging auf den Mönch zu, die Augen starr auf ihn gerichtet. Die Hand wich nicht vom Griff der vertrauten Klinge während sein Pferd hörbar schnaubte und fast schon widerspenstig den Kopf zur Seite warf mit jedem Schritt den sie tiefer in die Stadt traten. Endlich zog er die Kapuze etwas zurück und entblößte sein Gesicht, welches nicht mehr oder minder auffällig war bis auf eine grässliche Narbe auf seiner linken Wange. Sie zog sich vom Mundwinkel hinaus bis zu seinem Ohr und war offensichtlich schlecht verheilt.
"Grüße, Gevatter", rief er in den Regen hinein und blieb gute 3 Meter entfernt vom dem Fetten stehen, musterte ihn aufmerksam. "Ist ein wenig spät für einen heimlichen Bissen im guten Wirtshaus, hm?" Seine Stimme recht freundlich und ein gewisser Charme lag in darin untermalt von dem breiten Grinsen in seinem Gesicht.
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Post by Benedetto on Oct 21, 2014 19:17:52 GMT
Das Lächeln des Mönches wirkte angestrengt, als der Krieger gesprochen hatte, doch seine Stimme war leise und freundlich. "Gott zum Gruße, mein Sohn." Er faltete die Hände vor der Brust, den Stab zwischen Bauch und Armbeuge geklemmt. Bedauernd schüttelte er den runden Kopf, wobei die Kapuze zurückfiel und den Blick auf die kahle Stirn freigab. "So gern ich nun auch in einem warmen Wirtshaus säße, ich habe eine andere Pflicht."
Seine Augen zuckten kurz zu dem Pferd, das weiterhin schnaubte und stampfte, ganz seinem Fluchtinstinkt im Anblick des Jägers gemäß. "Unsere schöne Stadt ist vom Krieg verwüstet..." der Blick streifte das Schwert "...wie ihr sicher gehört habt. Und viele arme Seelen haben ihre Unterkunft verloren, nächtigen draußen auf den Straßen. Die heilige Mutter Kirche tut was sie kann, doch es ist nie genug. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, den Verstorbenen eine letzte Ölung zukommen zu lassen."
Er schloss die milchigen Augen für einen Moment. Sein Gesichtsausdruck war schwer zu deuten, aber seine Zunge kam hervor und leckte die blassen Lippen, wie ein Wurm aus einer Leiche kriecht und sich windet. "Es sind so viele..."
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Post by Ferrucio Erminio on Oct 21, 2014 21:07:29 GMT
Der Fremde schien vom Wetter ungetrübt heiter und trat sogar noch etwas näher an den Mönch heran. "In der Tat eine wichtige und noble Aufgabe, Vater." Sein mittellanges Haar klebte an seinem Gesicht förmlich fest und er wischte sich mit einem ernsten Nicken eine Strähne hinter Ohr. "Ich kenne das Leid dieser Seelen gut...ebenso die Teufel derer sie es zu verdanken haben. 15 Jahre habe ich zugebracht in Al Andalus", sagte er und deutete gen Osten. "im Kampf gegen die Sarazenen. Hat mich viele gute Männer gekostet und, naja." Mit einem Lächeln tippte er sich auf die Wange bevor er sich seinem Pferd zunwandte.
Das Tier schien verängstigt und unruhig, scharrte mit den Hufen und wieherte aufgeregt. Behutsam strich der Fremde seinem Reitertier über den Hals und redete im Flüsterton auf ihn ein. "Ich glaube Ihr macht ihm Angst, Vater", sagte er schmunzelnd.
"Sagt", sprach er sich dem Mann Gottes zuwendend. "Die heilige Mutter Kirche ist doch sicher in Bedarf eines tapferen Streiter Gottes. Dieser Tage muss es schwer sein die öffentliche Ordnung zu gewähren, nicht wahr?"
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Post by Benedetto on Oct 21, 2014 22:55:14 GMT
"Die heilige Mutter Kirche weiß den Dienst jeden Mannes zu schätzen, der gegen die Ungläubigen streitet. Vor allem dann, wenn er Erfahrung in dieser Sache mitbringt. Und auch in der Bevölkerung wird euer Dienst an Gott sicher viel Zustimmung finden. Denn nur wenige wehrhafte Männer leben noch, um Genua zu verteidigen, sollte es zum Schlimmsten kommen." Der Mönch nickte eifrig. "Ich bin Bruder Benedetto, guter Freund, und wenn ihr Unterkunft für die Nacht sucht, so kann ich euch gern zu einem Wirtshaus weisen."
Er trat um Krieger und Pferd herum, um zur Straße zu gelangen. Dabei scheute das Tier vor ihm zurück, wieherte aufgeregt. Eine Stimme aus einem der nahegelegenen Häuser war zu hören, schläfrig und zornig. "Seid gefälligst leise, verdammtes Pack." Benedetto hob die Arme, abwehrend, entschuldigend und trat in einem weiten Kreis um das Pferd herum. "Ich war nie besonders gut mit Tieren", sagte er entschuldigend und lächelte. Doch es war kein warmes Lächeln und seine Augen verengten sich, als er das Reittier betrachtete.
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Post by Ferrucio Erminio on Oct 22, 2014 9:20:38 GMT
"Nun, solange es mir in barer Münze gedankt wird, Vater, will ich gerne helfen wo ich kann." Er straffte seinen Griff um die Zügel des Pferdes und führte es aus dem Dunkel wieder auf offene Straße. "Wer organisiert die Verteidigung der Stadt jetzt? Ich nehme an jemand hat sich bereits gefunden die Händler und Bürger zu beschützen."
Er hob seinen Kopf als er die zornige Stimme vernahm. "Halt deine Fresse oder ich komm hoch zu dir!" Seine Stimme war harsch und klang voller Zorn, das charmante Lächeln war verschwunden und wich dem grimmigen Ausdruck von Entschlossenheit. "Dacht' ich's mir doch", sprach er und spuckte aus.
Langsam ging er die Straße herunter und nickte dem Vater zu ihm zu folgen. "Antonio di Mantua, Vater Benedetto. Einem heiligen Orden gehöre ich nicht an, die Bezahlung stimmt einfach nicht."
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Post by Benedetto on Oct 22, 2014 18:39:49 GMT
Der Mönch runzelte die Stirn und kniff ein Auge zusammen. "Ah, so folgt ihr dem Ruf der Münze eher als dem Ruf Gottes?" Eine kurze, unangenehme Pause, dann lächelte er wieder. "Ich will mir kein Urteil darüber erlauben, sofern euer Schwert nur die guten Christen beschützt. Und wer weiß, vielleicht findet ihr ja eines Tages zu Gott." Der dicke Finger zeigte auf die Narbe. "Er wacht sicherlich über euch, auch wenn ihr nicht an ihn denkt."
Dann rieb er sich die dicken Kinne. "Was eure Frage angeht, so kann ich euch vielleicht helfen. Am besten, ihr sucht einen Mann namens Lucio il Onnivoro auf und schildert ihm eure Situation. Bei ihm könntet ihr damit Erfolg haben, euer Schwert zu verdingen. Dann gibt es noch die Miliz, ein ungeordneter Haufen, mit ein, zwei guten Männern in ihrer Mitte." Benedetto zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht, ob die euch bezahlen können, aber vielleicht lockt euch ja auch Ruhm - oder die Aussicht auf Beförderung."
Er hielt inne. "Ich denke, eine Menge Leute in der Stadt können einen Schwertarm brauchen, aber nur wenige können ihn bezahlen."
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Post by Ferrucio Erminio on Oct 31, 2014 11:26:38 GMT
"Nun", sagte Antonio und lächelte. "Leider zahlt Gott nicht für mein Pferd, meine Männer oder mich. Lässt sich Gotteswerk mit Münzen vergelten so bin ich stets der Erste der den Ruf erhört. Ich bin ein gläubiger Mann, ein frommer Mann...oder zumindest halte ich mich dafür doch wenn der Herrgott nicht ständig vergessen würde dass seine Streiter Nahrung und Bezahlung brauchen wäre Iberien schon befreit."
Den Ausführungen des Mönches lauschend nickte er. "Lucio il Onnivoro, ich werde mir diesen Namen merken, Vater. Und diese Männer in der Miliz...was ist so gut an Ihnen?" Mit Skepsis in seinem Blick rieb er sich das Kinn und schätzte den Mönch ab.
"Meiner Erfahrung nach kann man mit Milizen nicht anfangen. Beim kleinsten Anschein von Schwierigkeiten machen sie sich davon, schreckliche Moral. Sagt, Vater..." Der Krieger trat näher an sein Gegenüber und lehnte sich leicht vor. "Ihr etwas blass aus, fühlt Ihr Euch nicht wohl?"
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Post by Benedetto on Nov 1, 2014 14:38:40 GMT
Der Mönch schüttelte den Kopf. "Die letzten Nächte waren nicht einfach. Es gibt so viel Leid. Soviele Tote, für die alle Hilfe zu spät kam. Es zehrt an den Kräften." Dann lächelte er entschuldigend. "Aber ich will euch nicht mit meinen Sorgen belasten. Was die Miliz angeht, so gibt es unter ihnen auch solche, die noch immer mit einem mitleidigenden Auge auf die armen Sünder schauen. Denen das Schicksal der Menschen nahegeht."
Benedetto kratzte sich am Hinterkopf. "Eine rare Geisteshaltung in diesen Tages."
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