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Post by Salvador on Nov 27, 2014 9:51:50 GMT
Die Zeit näherte sich langsam der Mittagsstunde, als eine abgewetzte Gestalt an die Wachen des alten. römischen Anwesens trat. Sie hielt eine Rolle Pergament in der Hand, dennoch wies ihre Ausrüstung sie unzweifelhaft als ein Mann des Krieges aus. Das Kettenhemd wirkte abgetragen und auch die Axt am Gürtel hatte bereits einige Scharten. „Hab hier nen Brief von Salvador für einen Luccio. Sagt er war gestern hier und wurde nicht eingelassen.“ Die Worte klangen fremd aus seinem Mund und es bereitete ihm sichtliche Schwierigkeiten die passenden zu finden. „Ich werd morgen wegen der Antwort kommen.“ Dann nickte er ihnen zu und ging den Weg zurück, den er gekommen war. Das Schriftstück selbst war mit einem einfachen Faden zusammengerollt und so man des lateinischen mächtig war würde dort folgendes geschrieben stehen. Eure höchstverehrte Majestät,
Ich bin neu in diese Stadt gekommen und bitte hiermit um eine Audienz bei euch, um mich den Traditionen entsprechend bei euch vorzustellen. Da ich mich bereits in eurer Domäne befinde, stellt sich mir die Frage, ob ich bis zur Audienz in eurer schönen Stadt verweilen darf oder zunächst wieder abreisen soll.
Hochachtungsvoll
Salvador Neugeborener von Clan Brujah Kind des Ramon de Figura, Ancilla seines Clans
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Post by Il Narratore on Nov 27, 2014 11:52:27 GMT
Es war die nächste Nacht, da Luccio Il Onnivoro ungeduldig am Eingang der Villa wartete. Seine Laune war sichtlich im Keller, denn ihre Majestät hatte ihren Spott und Hohn wohl über ihm ausgelehrt und nun gab er ihn an einige unglücklich aussehende Rekruten weiter. Im nasskalten Schlamm der letzten Tage drillten sie, marschierten sie und prügelten sich gegenseitig in den Matsch, während ihr Hauptmann ihnen Verwünschungen und Befehle entgegen schrie.
Als der Bote ankam, waren die zehn Männer gerade dabei, einige Minuten stramm zu stehen im der Kälte und Wassereimer an den ausgestreckten Armen zu tragen. "Sag deinem Herrn", blaffte der Allesfresser den Boten über die Schulter an, "dass er bleiben darf, sich aber umgehend zu melden hat. Morgen Abend." Sein Blick streifte nur kurz und verächtlich die abgewetzte Rüstung, gegen die die seine strahlend und reinlich wirkte, selbst unter all dem Schlamm. Kaum, dass der Bote umgekehrt war, offenbarte er auch den Grund dafür: "Abgetreten!", blökte er seine Männer an, "Putzt euren Kram und wehe ich finde einen Flecken Drecken auf euren Stiefeln, eine Beule in der Rüstung."
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Post by Salvador on Nov 27, 2014 12:51:31 GMT
Der Mann der in der folgenden Nacht am Tor erschien sah nicht sonderlich anders aus, als der Bote, der die Nachricht gebracht hatte. Er war einen Kopf größer, die Haut ein wenig dunkler und mehr verblasste Narben zierten sein Gesicht, doch ansonsten ähnelten sie sich sehr. Das Kettenhemd zeigte Gebrauchsspuren, die zwar immer wieder ausgebessert wurden, doch konnte ein Kundiger die neuen Stellen deutlich erkennen. Die Kleidung war zwar aus gutem Stoff, doch auch hier zeigten Flicken, dass es sich keinesfalls um eine Neuanschaffung handelte. Selbstsicher schritt er auf die Wachen zu, bedachte sie mit einem halbherzigen Lächeln. „Guten Abend. Ich werde erwartet. Salvador.“ Kurz und knapp waren seine Worte. Der Akzent mit dem er sprach enttarnte ihn als einen Fremden, denn die Wörter kamen nur schwerfällig über seine Lippen.
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Post by Il Narratore on Nov 27, 2014 17:55:06 GMT
Die zwei Wachen am Durchgang in der Mauer salutierten, ihre Blicke nichtssagend, ihre Gesichter ohne Ausdruck. "Ihre Majestät heißt euch willkommen!", riefen Sie, wie bei jedem angemeldeten Gast und ließen den Brujah hinein. Hinter der niedrigen Mauer ging es noch einige Meter an Feldern vorbei, ehe die Villa selbst erreicht wurde. Ablehnend präsentierten die Gebäude für Winzer, Müller, Gesinde, Koch, Sklaven und Wachen dem Neuankömmling den Rücken, verdeckten das eigentliche Herrenhaus in ihrer Mitte.
Aus diesem Portal stiefelte Luccio der Allesfresser - ein feister Mann von breiter Statur, bekleidet mit tadellos geputzter Lorica Squamata und einem kurzen Gladius an seiner Seite. Schwerfälligen Schrittes kam er die wenigen Stufen vom Portal hinab, deutete eine für seine Körpermasse erstaunlich elegante Verbeugung an und deutete mit der rechten Hand auf die Villa. "Seid willkommen, werter Herr Salvador, im Namen der Prinzessin Genua, ihrer Majestät Aurore. Bitte, tretet ein. Sie erwartet euch bereits."
So ging er denn auch voran, um den Brujah zum Thron seiner Herrin zu führen. "Wir haben mit Freude vernommen, dass der Kalif von Cordoba zurückgeschlagen worden ist. Es ist gut, einmal von ihrer Niederlage zu höre", begann er seine üblich gewordene Plauderei, während er langsam in das Atrium schritt, in dessen Mitte das große Wasserbecken lag. Seine Wasser bebten vom Gerassel und Gerumpel der Rüstungen, als die beiden Kämpfer durch den mit Marmor ausgekleideten Saal gingen. Das Mondlicht lag auf dem Wasser und dem weißen Stein, spiegelte sich in den bleichen Gesichtern des Herren und des Sklaven, sonst war es sehr dunkel in den Räumen. Ihre Majestät verabscheute scheinbar Licht.
An der dem Eingang gegenüberliegenden Seite des Atriums angekommen, hielt der Allesfresser vor einem dicken, schwarzen Vorhang, vor dem er Haltung annahm und, sobald er ihn öffnete, mit Stolz in der tiefen Stimme sagte: "Ihre Majestät Aurore, Prinzessin Genua, Ahnin vom Blut der Könige. Kind des Geoffrey le Croise, Ahn vom Blut der Könige. Kind des Alexandre de Paris, Ahnherr vom Blut der Könige. Kind des Ventrue, erster seines Blutes. Kind des Enoch, des Weisen. Kind des Kain, des Vaters."
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Post by Salvador on Nov 27, 2014 19:46:43 GMT
Verblüffung stand ihm offen ins Gesicht geschrieben, als der dicke Mann ihm eröffnete, um wen es sich bei dem Prinzen von Genua handelte. Seine Stirn legte sich in Falten und ein geradezu gefährliches Funkeln trat in seine Augen. „Dann gestattet mir doch die Frage, um wen es sich bei Luccio handelt?“ Er war sichtlich bemüht seinen Zorn im Zaun zu halten und erst nach und nach schien es ihm zu gelingen die dunkle Wut zurück zu treiben. Langsam klärten sich seine Gesichtszüge wieder und er konnte das ansehnliche Anwesen einer eingehenden Musterung unterziehen. „Eine Niederlage ist nicht genug, wenn es bedeutet, dass sich die Leute gleich darauf ausruhen.“ Seine übliche Leidenschaft fehlte und er starrte geistesabwesend an dem Allesfresser vorbei. Als plötzlich der Name der Prinzessin ertönte. Ganz aus seinen Gedanken gerissen besaß er offenbar gerade noch genug Verstand sich vor ihr auf die Knie fallen zu lassen. Nicht sehr elegant erklang das Aufschlagen von Fleisch und Knochen auf Stein, doch der Brujah verzog kaum eine Miene. Stattdessen hielt er den Blick gesenkt und linste nur alle paar Herzschläge in Richtung der Schönheit.
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Post by Il Narratore on Nov 28, 2014 12:56:22 GMT
Der fette Mann blickte ihn aus den Augenwinkeln komisch an. Als hätte er ihn gerade nach der Farbe der Sonne oder dem Datum von Weihnachten gefragt, so selbstverständlich schien es ihm zu sein, dass man seinen Namen mit seiner Statur in Verbindung brachte. "Um mich natürlich. Ich bin Luccio, vom Volke auch Allesfresser genannt, denn ich verschlinge die Bösen und Schlechten, das Gesindel auf den Straßen und den Schmutz der Stadt. Gesandter des Grafen von Mailand und bescheidener Diener ihrer Majestät, Prinzessin Genua." Stolz war sich der fette Mann dabei in die Bruste, demonstrierte seinen Namen und seine Leiblichkeit mit ganzer Liebe.
"Oh, nicht genug sicherlich. Aber doch ein Anfang, nicht? Lieber höre ich dies, als dass der Kalif etwa die Pyrenäen wieder überschritten hätte. Das letzte Mal war solch ein Umstand", kommentierte er noch mit einem undurchsichtigen Lächeln die Lage in Iberien.
Tatsächlich war die Prinzessin eine Schönheit, eine Dame von unvergleichlicher Anmut und Eleganz, deren Anblick selbst das kalteste Herz erfreute. Haut wie Schnee und Haar wie Ebenholz nannte sie ihr eigen, ihre Lippen rot wie Blut waren zu einem kleidsamen Lächeln verzogen, das einen Mann ins Verderben stürzen oder segnen konnte. Rosig war ihr ganzes Antlitz, ein Abbild des blühenden, singenden Lebens, und wie bei der Linie des Alexander von Paris häufig, so war auch ihre Schönheit die einer Statue, eines unberührbaren Stückes der Idee von Schönheit, und kein echtes, greifbares Ding. Auf ihrem dunklen Eichenthron saß sie nur mit einer schlichten, weißen Tunika und einer purpurnen Palla als Zeichen ihrer Prinzenwürde bekleidet, die Knie kokett aneinander gedrückt und abgewinkelt. Schmale, ebenmäßige Finger lagen auf den geschnitzen Löwenmähnen der Armlehnen und ihre eisblauen Augen ruhten gelassen auf dem Brujah.
"Ave, Salvator. Antiquam linguam potens es?" [Grüße, Salvador. Der alten Sprache bist du mächtig?], fragte sie selbst und ließ dabei ihre samtene Stimme erkennen. Mit der linken Hand gab die Prinzessin dem Neonaten ein Zeichen, dass er sich erheben und sprechen möge.
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Post by Salvador on Dec 1, 2014 17:10:36 GMT
Für einen Moment schien es so, als wäre der Brujah von dem Anblick der Prinzessin verzaubert. Begierig sog er ihre Schönheit in sich auf, seine Augen wanderten geradezu hungrig über sie. Ein dunkles Verlangen zeichnete sich in seinen Pupillen ab, das in einem krassen Gegenzug zu seiner melodischen Stimme stand, die sich nun zwischen seinen Lippen zu Worten formte. „Ja, das bin ich.“ Tatsächlich schien er sie deutlich besser zu beherrschen als die Sprache dieses Landes. Die Betonung wirkte weicher, geübter und ohne harten Beiklang. Mit überraschendem Geschick erhob er sich aus seiner knienden Position, richtete den Oberkörper auf und präsentierte so seine muskulöse Erscheinung. „Seid vielmals dafür bedankt, dass ihr mir die Ehre dieser Audienz gewährt.“ Als er geendet hatte senkte er den Blick erneut auf den Fußboden, die halblangen Haare vielen ihm vor die Stirn und verbargen so die weitere Sicht auf seine Augen.
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Post by Il Narratore on Dec 1, 2014 19:13:40 GMT
"Der Gast soll sich vorstellen", verkündete die Prinzessin und schürzte dabei die Lippen, "das ist so üblich. Ich wäre eine schlechte Herrin, es dir nicht zu gewähren." Ein Unterton war darin, eine kleine Spitze versteckte sich in ihren Worten, die so sanft und geübt über ihre Lippen kamen, dass sie der angeblich toten Sprache Leben einhauchten. Von ihrer Aussprache, die schnell und flüssig ein wenig verdorben war an den richtigen Stellen, wurde schnell die Botschaft übermittelt, dass die Sprache der alten Herren ihre Natur war. Die Sprache ihrer Mutter und ihres Vaters und ihrer ganzen Familie, keineswegs nur die ihres Buches und Glaubens. Die feinen Ziselierungen der rhetorischen Meister fehlten ihr zwar, doch sie machte es alles mit Süße und Wärme wett, mit dem zaghaften Gefühl, als streife ihr Atem bei jeder Silbe durch den Raum, als umscheichle ihr Brodem den Zuhörer und als sei die Form, das wohlklingende Abstraktum ihrer Stimme, die einzige Bedeutung der Welt.
Luccio der Allesfresser ließ den Vorhang zurück gleiten und schlich, so leise wie man es seiner Fülle gar nicht zugetraut hätte, an besagtem Gast vorbei. Auf halbem Weg zwischen jenem und der Ahnin postierte er sich, das Kreuze grade, die mächtigen Schultern durchgedrückt und seinen Bauch wie einen Schild vor sich hertragend, während seine neidischen Blicke auf Salvador hagelten.
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Post by Salvador on Dec 1, 2014 20:18:48 GMT
Nach der Aufforderung der Ahnin folgte eine tiefe Verbeugung. Auch wenn dem Krieger offensichtlich die Übung fehlte, so machte seine auf dem Schlachtfeld geborene Geschicklichkeit dies wett und die Ehrerbietung wirkte deutlich eleganter, als man von ihm erwartet hätte. „Salvador, Neugeborener von Clan Brujah, Kommandant der Märtyrer von Cordoba und Kind des Ramon de Figuera, Ancilla meines Clans.“ Er machte eine kurze Pause, schien seine nächsten Worte mit Bedacht zu wählen. „Die Geschichten eurer Großzügigkeit haben mich selbst in meiner Heimat erreicht. Ich habe die Schlachtfelder Iberiens verlassen um euch und eurer Domäne meine Dienste anzubieten.“ Weich und schmeichelnd drangen seine Worte an ihr Ohr, süß wie Honig und ebenso klebrig. Inzwischen war der Allesfresser für ihn unsichtbar geworden, nicht mehr als eine Statue die den Raum dekorierte.
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Post by Il Narratore on Dec 2, 2014 17:33:08 GMT
Die Züge der jungen Ahnin glätteten sich, ein wissender Ausdruck stahl sich darein und sie sprach: "Ein ehrenwertes Anliegen, sind es doch Schwerter und Erfahrung, die meine Stadt so dringend zu ihrer Befriedung braucht. Wie du unzweifelhaft auf deinen Reisen festgestellt haben wirst, ist es um die Azurküste nicht viel besser bestellt als deine Heimat."
Gemächlich lehnte sie sich zurück auf ihrem Thron, beachtete das gierige Funkeln des Neugeborenen überhaupt nicht weiter, jedenfals nicht über das Maß einer Frau, die solche Blicke und Begehrlichkeiten zu wecken gewohnt war. Wohl bewegte sie sich dann und wann, strich sich mit einem ihrer zarten Finger nachdenklich über den Kiefer und ließ ihren Blick ganz unverzagt über den kriegsgestählten Körper des Brujah wandern. "Was mich fragen lässt: Warum nach Genua kommen, wenn in Iberien noch genug Messerarbeit ist? Man sagte mir, der Feldzug der Allmacht sei zwar gescheitert, der Kalif und seine Herren aber noch stark und an der Macht. Da macht es mich neugierig, ob die Sache der Christenheit so verloren erscheint, dass du hierher kommst. Und ob als Soldat oder als Söldner?"
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