Alis
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Post by Alis on May 20, 2015 20:28:57 GMT
"Höchstverehrte Majestät Aurore, Ahnherrin des Clans Ventrue, Herrscherin von Genua,.."
Sie schüttelte unwillig den Kopf: "Was für ein verdammter Mist...ich diesen Ventrue auch gleich bitten sollen, den Brief zu formulieren. Was würdest du schreiben? Verehrteste Majestät...blabla..." Sie wedelte mit der rechten Hand herum: "...ich habe die Schnauze voll von Schmutz und untoten Sarazenen und Kämpfen und dem Geschmack von Verzweiflung im Blut der Menschen in Niederburgund,.." Der angesprochene Guhl sah zur Decke und wickelte sich eine Locke des ordentlich frisierten Bartes um den Zeigefinger: "Nun...ja." Er schluckte und sprach...vorsichtig...weiter: "Ja. Vielleicht fahrt Ihr einfach gleich fort, die Vorzüge von Genua zu preisen. Leute wollen nichts Negatives hören, davon gibt es schon genug, aber sie sind immer bereit zu hören, dass ihr Besitz und sie selbst großartig sind und warum." Er holte tief Luft und fügte schnell hinzu: "Es sei denn, sie haben es schon zu oft gehört."
Sie drehte sich auf den Rücken, um ihn sehen zu können und verschränkte die Arme hinter dem Kopf: "So...ich wäre gerne wieder in einer Domäne die etwas mehr Händler als Krieger anzieht und die den Anschein erweckt, als könnte ich meiner verfluchten Existenz da etwas mehr Spaß abgewinnen als bisher?" Sie verzog zweifelnd den Mund und der Guhl machte einen Schritt rückwärts. "Nun...das wäre zweifellos...ein Anfang. Genua ist eine Hoffnung...nein, ha, die Morgenröte der Hoffnung...des Abendlandes. Es hat sich aus der Asche erhoben wie ein...nein, das ist zuviel... und wird ein Vorbild sein für...andere Städte..." "Wer hätte gedacht, dass ein verdammter Dichter in dir steckt....Ramon?", wurde er spöttisch unterbrochen. Sie setzte sich auf und stützte sich mit den Armen hinter sich ab: "Ich würde mich an ihrer Stelle allerdings auf den Arm genommen fühlen. Aber wer bin ich mir anzumaßen mich in eine Ventrueahnin hineinzuversetzen?" Sie schüttelte den Kopf und schloss die Augen.
"Dank der...freundlichen Hilfe des sehr verehrten Grafen Arnau de La Garde aus dem Geblüt des Geoffrey le Croi +sehe ich mich in der....glücklichen Lage, Euch diese Zeilen aus Toulon zu schicken, mit denen ich Euch um eine Audienz bitten möchte. Solltet es Euch gefallen, mir diese Ehre zu erweisen, würdet Ihr mich höchst erfreut sehen....mh...gespannt erwarte ich Eure Antwort und verbleibe bis dahin untertänigst, Alix, blabla undsoweiter."
"Ähm...untertänig...untertänig...st um eine Audienz...?" Sie zog eine Braue hoch und wedelte die Worte ihres Guhls mit einer Hand weg. "Zweimal in einem einzigen Brief? Nein. Einmal ist gut, zweimal klingt irgendwie verzweifelt und wir wissen ja, wie das schmeckt." Sie verzog das Gesicht und streckte die Zunge raus. "Ich weiß es.", murmelte sie dann deutlich ernster als vorher, bevor sie sich mit einem Ruck aufsetzte und zum Tisch ging, um den Brief dann in lateinischen Worten auf Pergament festzuhalten. Es sah nicht nach einer allzu geübten Federführung aus, aber es war immerhin weder gekleckst noch geschmiert worden.
Höchstverehrte Majestät Aurore, Ahnherrin des Clans Ventrue, Herrscherin von Genua,
dank der freundlichen Hilfe des sehr verehrten Grafen Arnau de La Garde sehe ich mich in der glücklichen Lage, Euch diese Zeilen aus Toulon zu schicken, mit denen ich Euch um eine Audienz bitten möchte. Solltet es Euch gefallen mir diese Ehre zu erweisen, würdet Ihr mich höchst erfreut sehen.
Gespannt erwarte ich Eure Antwort und verbleibe bis dahin untertänigst, Alix, Neugeborene vom Blut Malkavs, Kind von Rucco, Neugeborener vom Blut Malkavs
Sobald die Tinte getrocknet war, gab sie Ramon das Schreiben. "Nimm etwas von deinem Wein mit. Allesfresser klingt nicht besonders....wählerisch...., aber schaden kanns vermutlich nicht, wenns der Beste ist."
Daher stand besagter Guhl, der eher so wirkte, als würde er normalerweise Briefe eigentlich nicht eigenhändig überbringen, vor dem Tor der Villa, um ein versiegeltes Schreiben, als auch einen versiegelten Krug ausschließlich persönlich an Luccio Il Onnivoro abzugeben.
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Post by Il Narratore on May 22, 2015 14:45:43 GMT
"Herrin...in welchem Verhältnis steht Arnau de La Garde zu euch?", fragte der Ghul und blickte kurz von seinem Pergament auf. "Er stammt aus der Linie eures Erzeugers. Also ist er wohl euer Neffe, aber im wievielten Glied?"Prinzessin Aurore, die im Garten ihrer Villa wandelte und sich schlicht am Duft ihrer Rosen, Lilien und Orchideen erfreute, hielt mit ihrem Spaziergang nicht inne. "Arnau...Ich kenne zwei Ventrue diesen Namens. Der eine ist der schwachsinnige Stiefsohn des Neffen meines Großcousins gewesen und hoffentlich nicht länger unter uns. Derjenige aus der Linie meines Vaters müsste der Enkel meines lieben Bruders sein. Mein Großneffe also. Ihr Götter, er ist wirklich schon Prinz?", fragte sie abwesend. "So schreibt es ein gewisser Alix aus La Garde, in der Grafschaft Var", antwortete der Ghoul und schrieb weiter an seiner Antwort, das heißt an Ihrer Antwort, auf das Bittschreiben des Malkavianers, das ihn vor einer Woche erreicht hatte. "Ich werde alt", stellte die weiße Prinzessin fest und drehte eine Blume zwischen den schlanken Fingern. "Ihr seid schön wie eh und je, Herrin", antwortete Lucius der Allesfresser auf einstudierte Weise. Wenige Wochen später erreichte ein Kästchen die kleine Festung 'La Garde', was die Wacht bedeutete, um die herum sich ein kleines Städtchen bildete. Darin erhielt der junge Prinz zweierlei Nachrichten. Die eine an ihn persönlich, die fast mütterlich den Erfolg des Ventrue lobte, der der Linie seines Urgroßvaters Ehre machte, sie selbst mit Stolz erfüllte und mit Sicherheit auch ihren lieben Bruder usw. usf. und ihm einigen unbedeutenden Schmuck sowie die Freundschaft der Domäne Genua schenkte. Von dieser Nachricht angestoßen überbrachte sodann ein Diener des Prinzen von La Garde dem Malkavianer die zweite Nachricht, die er verschlossen und unberührt übergab. Darin stand auf Latein geschrieben: Werte Alix, Neugeborener vom Blute Malkavs, Kind des Rucco,
wenig liegt mir so sehr am Herzen wie die Freude eines Jünglings vom Blute Malkavs. Noch dazu, wenn mein geschätzter Großneffe seine Empfehlung dazu gibt. Es würde mich doch betrüben, meine Meinung über seine Menschenkenntnisse ändern zu müssen. Ich erwarte euch an den Iden des Oktober in meinem Anwesen. Zum Zwecke der Audienz sei euch für zwei Wochen das Gastrecht eingeräumt.
Aurore, Prinzessin Genua.
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Alis
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Post by Alis on May 27, 2015 18:03:21 GMT
Sie zuckte auf dem Weg zur Villa mehrmals zusammen....immer wenn sie versehentlich an sich hinunter blickte und ein grün schimmerndes Oberkleid aus fein gesponnener Wolle sah, das wegen dem bestickten Gürtel Falten warf bis zu einem ebenfalls bestickten Saum unter dem der rote Stoff des Unterkleides bis zu ihren Füße fiel. Die in Schuhen steckten, die bisher nur dem Zweck dieses Weges gedient hatten und daher vergleichsweise sauber waren. Zumindest hatte sie sich die größte Mühe gegeben, den Dreck zu vermeiden.
Es war so...ungewohnt und irgendetwas daran gefiel weder ihr noch dem Tier, auch wenn das zum Glück so satt war, dass es sich kaum rühren konnte.
Wenn du das schon schwierig findest, wie willst du dann jemals irgendjemandem vormachen, ein erwachsener Mann zu sein? Es macht die Dinge doch bloß...einfacher. Und es ist alles ohnehin schon schwer genug.
Bei der Villa angekommen trat sie aus dem Schatten der Mauer, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass da niemand war, den ihre...plötzliche...Anwesenheit erschrecken oder verwundern konnte und schaute ein letztes Mal an sich hinunter, mit gerunzelter Stirn. Dann zuckte sie die Schultern, zupfte die langen, engen Ärmel des Unterkleides bis über die Handgelenke und trat vor das Tor. Sie wickelte sich eine schwarze Strähne des ansonsten in offen Wellen über die Schulterblätter fallenden Haares um einen Zeigefinger...als wäre es nur so eine Angewohnheit...und lächelte einer der Wachen zu, um dann den Grund ihres Erscheinens zu nennen.
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Post by Il Narratore on Jun 2, 2015 19:08:36 GMT
Die Wachen an der niedrigen Mauer, die über kein Tor verfügte, sondern nur ein breites Loch, zuckten kurz, als sie angesprochen wurden. Doch sie sagten nichts. Sie blickten an der Fremden herunter und auf die Nennung ihres Namens salutierten sie, nahmen die Speere beiseite und machten den Weg frei mit den Worten: "Ihre Majestät heißt euch willkommen!" Dabei schlugen sie sich mit der Faust an die Brust und die Hacken zusammen, dass es knallte.
Hinter der Malkavianerin nahmen sie wieder Haltung und ihren alten Posten an. Ihr weiterer Weg führte sie nach einigen Wegminuten zu einer Reihe von Gebäuden, die im Karee angeordnet waren und ihr lediglich die Rückseite präsentierten. Durch einen der zwei Zugänge gelangte sie in eine Art Innenhof, der von allerlei Wirtschaftsgebäuden umstanden war - eben jenen Gebäuden, die eine Art zweite Mauer nach Außen hin bildeten - und in denen eine Unzahl an Geräten und Werkzeug verteilt war, das auf einem Gehöft gebraucht wurde. In der Mitte aber befand sich die Villa, aus altem Stein erbaut, hoch, schlank und majestätisch in ihrer Bauweise ganz nach altem Stil. Über einer kurzen Treppe mit breiten, flachen Stufen, befand sich ein doppelflügeliges Portal, das von zwei Fackeln erhellt wurde. Noch ehe die Malkavianerin einen Fuß auf den Stein setzen konnte, öffnete dieser Eingang sich. Ein Mann kam heraus, der so unglaublich fett und bleich war, dass er mehr an eine Made als einen echten Menschen erinnerte. Wie ein Kokon umgab eine schwere Rüstung aus Schuppen ihn, presste und quetschte seine schwammige Gestalt in eine Form, die für zwei handelsübliche Männer gereicht hätte. Sein Schädel war vollkommen kahl, sein Nacken quoll über die Halskrause und seine Augen starrten stumpf und wässrig wie die eines Schweinchens. In seiner linken Armbeuge klemmte ein Helm so groß wie ein Kochtopf für eine Bauernfamilie.
"Seid willkommen, werte Alix, tausendfach willkommen!", rief der fette Mann auf Italienisch aus und verneigte sich vor dem Vampir. "Mein Name ist Luccio, genannt Il Onnivoro, und ich bin hier, um euch im Namen Ihrer Majestät zu ihr zu bringen." Sodann deutete er auf das große Portal und schritt, nur ein Stückchen vor ihr, die wenigen Stufen hinauf. Drinnen erwartete Alis ein weiterer Innenhof, dieser jedoch umgeben von Marmorsäulen und einem flachen Wasserbecken in der Mitte. Auf der dem Eingang gegenüberliegenden Seite verhüllte ein schwarzer Vorhang einen Durchgang, auf den ihr Führer langsamen, aber zielsicheren Schrittes zu ging. "Ihr seid aus Touloun angereist?", fragte der Allesfresser auf dem Wege neugierig und fuhr sogleich fort. "Frassinetto sei noch immer ein gefährliches Pflaster, heißt es, und der Landweg so tückisch wie die See."
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Alis
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Post by Alis on Jun 4, 2015 13:49:35 GMT
Alis sah sich nicht mal unauffällig in alle Richtungen um, während sie dem Weg folgte, drehte sich dabei einmal um die eigene Achse und saugte die Details der Umgebung durch die Augen ein. Dem leichten Lächeln auf ihrem Gesicht zufolge gefiel ihr durchaus, was sie sah. Schließlich betrachtete sie den Mann, der sie willkommen hieß, mit einem irgendwie faszinierten Ausdruck in den Augen, auch wenn sie es gerade noch schaffte, ein höfliches Lächeln beizubehalten und ihm zuzunicken. "Ich grüße Euch, Herr Luccio." Dann folgte sie ihm, mit leichten Schritten, die Finger hinter sich ineinander verhakt. als ob sie auf einer Linie laufen würde. Oder einem schmalen Grat.
"Ich bin auch gefährlich.", sagte sie mit einem Lächeln, das mit menschlicher Wärme freundlich hätte freundlich wirken können, und in dem stattdessen ein Hauch von theatralischer Übertreibung lag, der fast nach einem Scherz auf ihre eigenen Kosten klang. Dann sprach sie aber merklich ernster weiter:
"Aber es stimmt, Frassinetto ist nach wie vor der Ausgangspunkt sarazenischer Überfälle, ihr...Brückenkopf. Ich habe nicht den Landweg daran vorbei genommen, sondern die tückische See vorgezogen." Nachdem sie einmal Luft geholt hatte, fügte sie in einem Ton, der vielleicht übertriebene Vorsichtsmaßnahmen implizierte, hinzu: "Auf ein paar Umwegen. Nicht direkt an der Küste vorbei. Möglichst nicht direkt an den Piraten vorbei."
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Post by Il Narratore on Jun 11, 2015 16:54:16 GMT
"Hahahaha", schnaufte der dicke Ghoul, während er an den Marmorsäulen vorüber watschelte. "Da habt ihr nicht viel Platz haben können, zwischen Skylla und Charybdis", sagte er und verwandelte sein breit aufgerissenes Maul rasch in ein grimmiges, schmallippiges Grienen. "Es freut uns, dass ihr wohlbehalten angekommen seid. Erst jüngst haben wir einige Erfolge gegen kleinere Flottenverbände feiern dürfen und es steht zu hoffen, dass ein Bündniss gewisser Kräfte alsbald die gröbsten Gefahren beseitigt. Jedenfalls jene auf dem Landweg, sodass nurmehr die üblichen Piraten und Räuber zu fürchten sind, wie es sie auch bei den Franken, den Sachsen und Engländern gibt."
Vor dem schwarzen Vorhang angekommen, blieb der Allesfresser einen Moment stehen. Er drückte das Kreuz noch ein wenig mehr durch, zog den feisten Bauch ein - als ob es einen Unterschied gemacht hätte - und während er vor der Malkavianerin den Vorhang zur Seite zog erklärte er aus voller Brust: "Ihre Majestät Aurore, Prinzessin Genua, Ahnin vom Blut der Könige. Kind des Geoffrey le Croise, Ahn vom Blut der Könige. Kind des Alexandre de Paris, Ahnherr vom Blut der Könige. Kind des Ventru, erster seines Blutes. Kind des Enoch, des Weisen. Kind des Kain, des Vaters."
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Alis
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Post by Alis on Jun 11, 2015 23:56:16 GMT
Sie starrte den schwarzen Vorhang an, als handele es sich um einen Abgrund, der sie verschlingen könnte - dennoch ging sie weiter, zog nur die Schultern etwas zurück, während zwischen ihren Brauen eine konzentrierte Falte entstand, als müsste sie sich gegen etwas innerlich wappnen.
Es ist nur eine Förmlichkeit. Es bedeutet nichts. Nur Bewegungen, die erwartet werden und Worte, die erwartet werden. Das Tier hob dennoch kurz den Kopf und grollte ungehalten, auch wenn es zum Glück zu satt war, um sich zu mehr aufraffen zu können.
Der kurze Blick, den sie auf die weiße Prinzessin werfen konnte, änderte daran auch nicht unbedingt etwas. Der Name versprach nicht nicht zuviel...la princesse blanche. Und wie alle Prinzen, die sie bisher gesehen hatte, hatte sie einen Stock verschluckt, nur dass sie einer Statue noch ähnlicher war, als die beiden Ancillae. Wenn es auch eine zugegeben wunderschöne Statue war und das zusammen mit dieser Aura der Herrschaftlichkeit...einen eigentlich dazu bringen musste, sie anzubeten. Sie verharrte einen Moment, der ihr zu lang erschien, in der Bewegung und hätte den Atem vermutlich angehalten, wenn sie geatmet hätte und streckte die Finger durch, um die Hände nicht zu Fäusten zu ballen. Es ist nur eine Formalität. Ein geringfügiges Übel. Bring es einfach hinter dich und fahr fort mit deinen Plänen. Oder mach einen Aufstand und vergiss alles, was du noch vorhattest. Na also.
Am Ende dieses langen Momentes wandte sie den Blick ruckartig zu Boden und folgte ihm ohne Verzögerung, ließ sich auf die Knie hinab.
Es wirkte nicht so, als hätte sie darin Übung, aber offenbar hatte man ihr immerhin mal erklärt, wie es ging und eine grundsätzlich vorhandene, bemerkenswerte Anmut der Bewegungen rettete das ganze...irgendwie. Sie senkte den Kopf, soweit es möglich war und versuchte, ihre Gedanken zu sammeln. Lateinische Worte.
So schwieg sie und wartete, dass ihr das Wort erteilt wurde.
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Post by Il Narratore on Jun 14, 2015 15:58:49 GMT
Eine zarte, schneeweiße Hand bedeutete der Malkavianerin aufzustehen. Sie fand die Prinzessin so vor, wie man sie üblicherweise vorfand. Jung, schöner als das schönste Juwel der Erde, rein und unberührt vom Bösen einer tausendjährigen Nacht. Lediglich auf eines hatte sie heute anscheinend verzichtet: Ihre mittlerweile bekannte Lässigkeit. Ihre Haltung und Miene waren in höchstem Maße herrschaftlich. Sie saß steif wie ein Stock auf ihrem Thron, die Hände auf die Mähnen der Löwen gelegt, die den Thron stützten. In ihrem Rücken lag ein großes Löwenfell, dessen Haare sie aufgebauscht und groß umrahmten. Ihre Haare waren zu einem strengen Zopf gebunden, ihr schlanker Leib von einem schlichten, festen Kleid aus weißer Leine verkleidet.
Wenig bewegte sich in ihrem Gesicht, das dennoch so rosig wie das eines jungen Mädchens voller Lust leuchtete. Nur ihre Augen, diese blauen Augen von der Farbe längst vergessener Frühlingshimmel, bewegten sich. Sie blieben auf der Malkavianerin liegen. Eine zart geschwungene Augenbraue erhob sich, fragend. "Ave, Alix. Antiquam Linguam Potens Est?", fragte sie den Gast. Wie Rosenduft wehte ihre Stimme, so zart und hell, dass man sie kaum wirklich hören konnte, aber so eindringlich und markant, dass sie dennoch Gehör fand. Ihre Lippen, rot wie Blut, hatten sich kaum bewegt.
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Alis
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Post by Alis on Jun 20, 2015 20:07:15 GMT
Sie erhob sich mit einer fließenden Bewegung, die im Gegensatz zur sonstigen Angespanntheit stand und fixierte den Boden vor dem Thron: "Ich grüße Euch, Eure hochverehrte Majestät und ich danke Euch, dass Ihr mir die Ehre und die Freude dieser Audienz gewährt um mich gemäß den Traditionen des dunklen Vaters vorzustellen."
Man musste ihr zugute halten, dass sie offenbar geübt hatte, aber es klang nicht, als hätte sie viel Übung darin, Latein mit jemandem sprechen. Zumindest nicht das Latein, das für Unterhaltungen benutzt wurde - es klang eigentlich eher, als hätte sie die alte Sprache mehr gelesen als gesprochen, und so gelesen, wie sie von den Römern geschrieben worden war. Mit einem fränkischen Akzent.
Sie atmete tief ein, zog die Schultern etwas zurück und etwas von der Anspannung schien wieder von ihr abzufallen. Immerhin stand sie wieder. Und es kostete gerade zuviel Konzentration, die lateinischen Worte in der richtigen Form zu wählen, um sich noch Gedanken über unschöne Formalitäten machen zu können.
"Ich bin Alix, Neugeborene aus dem Blut Malkavs, Kind von Rucco, Neugeborener aus dem Blut Malkavs. Leider spreche ich die alte Sprache noch nicht so gut, wie ich es gerne würde. Aber ich hoffe, Ovid, Petronius und Catull haben mich zumindest befähigt, Euer Ohr nicht zu schlimm zu beleidigen und um das Gastrecht zu bitten. Ich würde meine...Fähigkeiten gerne in den Dienst Eurer Domäne stellen."
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Post by Il Narratore on Jun 23, 2015 16:35:57 GMT
"ten provincia narrat esse bellam? tecum Lesbia nostra comparatur? o saeclum insipiens et inficetum!", sang die Ahnin auf diese Erklärung hin und ihre Stimme hallte wie Eis zwischen den steinernen Wänden. Ein Lächeln, rot wie Blut, umspielte ihre Lippen, die sie liebevoll schürzte, während sie mit fast mitleidigem Blick die Malkavianerin zu ihren Füßen. Ihre Aussprache war makellos, ihre Betonung die einer geübten Rednerin, Sängerin, Tänzerin. Aurore, Prinzessin Genua, hatte diese Sprache mit der Muttermilch aufgesogen und - wenngleich es sie ein weniges Mühe kostete, die in ihrer Jugend steckende Gosse zu unterdrücken - ihre Stimme zu einem Instrument der Götter geformt.
Klarerweise handelte es sich um einen Scherz, wenn auch einen kruden. Nicht einmal Alis selbst, die doch hübsch zu nennen war und dem ein oder anderen Knaben leicht den Kopf verdrehte, könnte träumen an die Prinzessin heranzureichen. Kaum ein Sänger würde sie auch nur im gleichen Lied mit der Schönheit der Königin erwähnen.
"Es ist ein Versuch", gestand ihr die Ahnin zu. "Du trägst altes Wissen weiter, das die Barbarenkönige vergessen zu haben scheinen und das über ihre unmittelbaren Bedürfnisse des raubens, mordens und plünderns hinausgeht. Selbst die gelehrtesten und eifrigsten Sprecher dieser neuen Zeit vertiefen sich lieber in Pflanzen, toten Dingen und Steinen, als der Kunst. Und welche Fähigkeiten bringst du mir, Alix, Kind des Rucco, abseits einiger Gedichte?" Etwas versöhnlicher fügte sie an: "Obwohl es mich reizen würde, einmal mehr das Lob der Hetäre zu hören oder die Kunst der Liebe."
------ Übersetzung v. Catull 43 nach Max Brod: In deiner Provinz wirst du für schön gehalten? Du mit unserer Lesbia verglichen? O Jahrhundert, verwerflich und verdorben bist du!
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Alis
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Post by Alis on Jul 1, 2015 18:17:38 GMT
Ihre Augen weiteten sich, sie verlor den Fußboden aus den Augen und erwischte sich dabei, wenn schon nicht den Kopf, dann doch den Blick gehoben zu haben. Ungläubig. Und mit einem Moment Verzögerung, weil es solange dauerte, bis angekommen war, dass die Ahnin, die den Stock verschluckt hatte, Catull sang, ....sang!....hoben sich ihre Mundwinkel auch gleich.
Auch wenn nur kurz, bis sie der Frage, oder des Scherzes gewahr wurde. Wenn das eine Frage war, dann eine, auf die sie sicher keine Antwort haben wollte.
Dann wandte sie den Blick wieder dem Boden vor dem Thron zu und versuchte, den Nachhall der gesungenen Worte aus ihrem Geist zu schieben, um den gesprochenen zu folgen.
"Oh, es wäre mir eine.... große Freude, auch wenn ich fürchte, das Singen gehört noch nicht zu meinen Fähigkeiten."
Wer konnte denn auch mit so etwas rechnen? Sie hätte die alten Römer vielleicht besser nicht erwähnen sollen. Nunja. Zu spät.
"Ich könnte natürlich versuchen, das zu ändern, oder versuchen jemanden zu finden, der es kann."
Es wäre wohl auch eine Ehre, aber sie wollte diesen Begriff lieber nicht überstrapazieren und hielt ihre Fähigkeiten, ihn überzeugend so zu verwenden, als würde er für sie etwas Gutes bedeuten, für recht überschaubar. Wenn das einmal in dieser Audienz funktioniert hatte, hatte sie sie schon Glück gehabt.
"Ich kann unsichtbar sein..." Nicht, dass das eine indirekte Antwort auf jenen Scherz war. Nein, das war nur die platte Wahrheit, nichts weiter. "Natürlich ist mir bewusst, dass Ihr schon umfassend darüber informiert seid, was in Eurer Domäne geschieht, aber vielleicht kann es ja dennoch von Nutzen sein, was das angeht. Ich kann auch kämpfen, sollte es zum Wohl der Domäne nötig sein. Ich würde mich außerdem gerne im Handel versuchen und der werte Maximinianus hat mir empfohlen, mich zum Besten Genuas des Überlandhandels zwischen Mailand und Genua anzunehmen."
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Post by Il Narratore on Jul 9, 2015 16:06:21 GMT
"Natürlich hat er das", seufzte die Prinzessin Aurore mit einem Tonfall, den eine Mutter wohl für die Geschäfte ihres Jüngsten übrig haben mochte. "Nun, es wäre sicherlich kein schlechtes, einen Informanten zur Verfügung zu haben...Sofern diesem zu trauen ist." Der eisblaue Blick ihrer Majestät glitt an der Malkavianerin herab, überlegend. "Zum Besten Genuas...wäre in der Tat eine vernünftige Beschäftigung mit Mailand. Du musst wissen, dass mein Urgroßneffe Maximianus aus der Domäne Florenz kommt, die...gewisse Probleme mit der Domäne des Prinzen Totila vom Blute Lasombras hat. Wohingegen Benedetto der Kappadozianer aus eben jener Domäne Mailand zu uns stieß, was zu reichlich Spannungen führte."
Einige Augenblicke ließ die Ahnin die Schwere ihrer Worte einsinken. Dann sagte sie, wieder ein rotes, tödliches Lächeln auf den Lippen: "Akzeptiere also diese Aufgabe, so akzeptiere ich dich als Gast in meiner Domäne. Gehe hin und stelle den Handel nach Mailand sicher. Finde heraus, ob die Domäne Mailand womöglich Schergen gesandt hat und berichte mir. Am Erfolg dieses Unterfangens werde ich deinen Wert meßen."
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Alis
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Post by Alis on Aug 5, 2015 12:40:12 GMT
Sie versuchte, keine Miene zu verziehen und nur den Punkt auf dem Boden, einige Meter entfernt vom Thron der Prinzessin zu betrachten. Dennoch konnte sie nicht verhindern, dass ein Hauch von Erstaunen über ihr Gesicht glitt angesichts des Tons, mit dem Aurore über ihren Urgroßneffen sprach. Auf die Musterung sagte sie lieber auch nichts. In solchen Fällen waren Taten ohnehin wichtiger als Behauptungen, also sparte sie sich die Worte lieber und nickte nur leicht, was eher eine Bestätigung der Tatsache war, dass sich das noch herausstellen musste.
Als die Ahnin ihr das Verhältnis von Mailand und Florenz erläuterte weiteten sich ihre Augen und sie schien für einen Moment durch den Boden hindurch zu sehen, während sie die Lippen zusammen presste - dann jedoch, am Ende der Augenblicke, in denen die Ahnin schwieg, zog sie die Brauen entschlossen zusammen und nickte. Dann holte sie sichtbar Luft.
"Ich danke Euch für diese Möglichkeit mich zu beweisen, Eure hochverehrte Majestät, und akzeptiere diese Aufgabe."
Nicht, dass es nun noch eine andere Möglichkeit gegeben hätte, wollte sie in der Domäne bleiben und nicht gleich weiterziehen. Und das hatte sie nun eigentlich ausdrücklich nicht vorgehabt.
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