Post by Richard on May 29, 2015 16:23:02 GMT
945
Es war irgendwann in einer kalten Winternacht, das Jahr hatte erst begonnen.. Der Winter dominierte das Land ein weiteres Mal…hatte sich wie ein Leichentuch über das Land gelegt. Gnadenlos war er in seinem Charakter, in seiner Natur und auch dieses Jahr würde er auslesen. Die starken von den schwachen trennen. Friedvoll soll der Tod sein schenken zu vermag. Tod war auch jene Gestalt welche dort auf dem Rücken des Pferdes saß und das Stück Land das sich vor ihr auftat, aus starren, kalten Augen betrachtete. Sie wirkte vielleicht ein wenig nachdenklich, vielleicht auch unschlüssig? In der Hand hielt sie ein Schriftstück. Es war das erste aus der Heimat, nach sieben Jahren die ihm wie eine Ewigkeit vorgekommen waren. Fragen hatte er viele und sie wurden mit der Zeit in dieser Stadt nicht weniger. Er hatte die Hoffnung auf Antworten schon begonnen aufzugeben... Und jetzt wo die Aussicht darauf bestand endlich zu erfahren, wer ihn in die Nacht geholt, der Person zu Begegnen die ihn zu der Kreatur gemacht hat die er heute ist…, war er sich gar nicht mehr so sicher ob er all die Antworten überhaupt noch erhalten wollte. Er konnte sich noch gut an die Worte des Prinzen dieser Stadt erinnern. Das Schicksal könne man nicht in die Hand nehmen. Man sei Sklave seiner Abkunft. Blutige Ketten… Keiner sei Frei….
Vor sieben Jahren, er hatte es abgetan und doch nicht vergessen. Selbst hat er sich belogen. War Blind. Und nun hatte diesen Brief in der Hand, verfasst von seinem Bruder im Geiste, seinem Bruder im Fleisch und Blut. Der verlorenen Hälfte.
„Die Zeit ist gekommen zurückzukehren und deinem Erzeuger gegenüberzutreten. Er erwartet deine Ankunft noch in diesem Jahr. “ Wiederholte den elementaren Teil des Schreibens. Immer und immer wieder. Warum gerade jetzt? Er hatte Pläne, er hatte Ideen, gerade die ersten Fortschritte gemacht und nun sollte er zurückkehren?
Warum? Er konnte die Frage nicht beantworten. Er spürte den Widerwillen. Er war hier gefühlt noch nicht fertig. Er hasste es unerledigtes zurückzulassen. Und da war noch so einiges im Argen. Und trotz aller Zweifel, trotz all des Widerwillens war da etwas in ihm gegen das je Form von
Widerstand… Hilflos war.
Blutige Ketten. Stärker als Stahl, mächtiger als das Wort.
Eine Puppe an Fäden.
Der Gedanke verdunkelte seinen Blick. Fast mochte er meinen die unsichtbaren Fäden auf seiner Haut überall zu spüren. Ein zerren da, ein zerren hier. Die rechte Hand verkrampfte sich, Fingernägel die durch das Schriftstück und auch Hautschichten drangen.
Blut das aufgesaugt wurde… Rot das sich langsam begann auszubreiten…mit den aneinandergereihten Buchstaben begann zu verschmelzen, begann sie zu verschleiern…..
„Ich werde bleiben“…flüsterte er in der alten Sprache seines Landes…es klang wie ein Versprechen, klang soüberzeugt.
Dann schrie er in die Nacht hinaus.
„Ich bin keines Herren Knecht…“
946 irgendwo….außerhalb von Aachen…
Er wird erwartet. Eine weitere Reise folgt in die Niederungen des Gebäudes, tief hinein in die Krater seiner Seele. Der der ihn empfängt ist Alt, ist Grau. Schmächtig in seiner Statur. Von Zahn der Zeit zernagt und dennoch erscheint er ungebrochen. Er ist höflich, zuvorkommend und wirkt vielleicht ein wenig herzlicher, als jene anderen. Dennoch ist auch er Wortkarg, kein Freund vieler Worte.
Die kurze Reise endet vor einem massiven Tor irgendwo unten, es bildet das Zentrum. Es steht offen. Tief schwarzes Holz. Darin verborgen, in leichten Schattierungen, kann man Wappen erkennen, Malereien, Symbole. Untote Geschichte? Lebende? Religion? Es scheint verbunden. Untrennbar, Verwoben.
Neben dem Tor stehen zwei Männer, in schwerer bronzener Rüstung, von schwarz und dunklem rot dominiert. Die Gesichter sind hinter Helmen verborgen, die Hände von ledernen Handschuhen bedeck welche auf den Knäufen ihrer Schwerter ruhen.
Die Hand des Greises deutet hinein, in den Raum der dahinter In die Dunkelheit, in die Schatten. In Ungewissheit. Er wird nicht folgen.
Der Saal ist nur spärlich erhellt. Einzig ein paar Kerzen waren entzündet worden die hin und wieder flackern, ein Spiel aus Licht und Schatten bieten. Illusion und Täuschung. Die Pfeiler dieser Welt.
Stille die vorherrscht.
Der Saal ist karg. Kein Teppich. Keine Spielereien. Keine Bilder. Hier unten ist es kalt. Ein Hauch von Weihrauch liegt in der Luft.
Fünf Stufen führen im hinteren Teil des Raumes auf eine kleine aus dunklem Stein geschaffene Erhebung, auf der ein pechschwarzer, in Stein gehauener Thron steht und unweigerlich das Zentrum bildet. Er sticht aus dem dort geschaffenen Bildnis aufgrund seiner Größe deutlich hervor. Er ist schlicht in seiner Natur und martialisch in seinem Wesen. Er bietet keinerlei Komfort und dennoch scheint er auf seine ganze eigene Art und Weise eine schwer definierbare Präsenz ausstrahlen.
Das Licht das hier noch herrscht ist diffus, schwach. Es ist mehr ein erahnen als ein sehen. Mehr spüren, ein fühlen. Vielleicht nicht bewusst. Doch die Gewissheit, nicht zu alleine zu sein sie umspielt einen. Ist nicht von der Hand zu weißen. Je näher man näher tritt umso wird aus der Ahnung, Gewissheit.
Die Gestalt welche dort in den Schatten auf dem Thron sitzt, rührt sich nicht. Sekunde um Sekunde die verstreicht während sich die Stille weiter ausbreitet, es war als würde sie aus jeder Ecke, aus jeder Spalte des alten Gemäuers hervorkriechen bis sie sich letztendlich wie ein Leichentuch über die Szenerie gespannt hat. Als hätte sie gewartet, gelauert. Würde ein untotes Herz noch schlagen, vielleicht würde man es in diesen Momenten hören können.
So leise war es.
Ein Schritt wird von den anderen gesetzt. Ohne das man denkt. Nicht bewusst. Es geschieht einfach. Der eigene Körper verharrt ein paar Schritte vor dem Gebilde aus Granit, für meinen Moment ist es vielleicht so, als würde man sich selbst von außen betrachten. Wie ein unbeteiligter Zuschauer. Das Knie wird gebeugt, der Blick tief gesenkt. Kein Wort. Keine Bewegung. Starr ist der eigene Leib.
Die toten Augen der Kreatur welche dort auf dem steinernen Thron sitzt, betrachten das Kind, das eigene Fleisch und Blut.. Man kann vermutlich spüren, wie jene eisigen vom Winter zerfressenen Seelenfenster auf einem liegen, einen musterten und ganz langsam beginnen zu sezieren, tiefer in einen hineinzusehen als wäre da nichts das zwischen ihnen läge.
Das Gefühl kann unangenehm sein. Beängstigend. Erdrückend. Die Stille die den ein oder anderen zermürbt. Frisst. Ist der Zweifel erst gesät, breitet er sich aus, wie ein Gift. Zeit verstreicht, der Blick verharrt, bleibt. Dringt tiefer. Wie auch die Stille. Jedes warten ist umsonst. Wie die Hoffnung. Kein Wort, keine Regung die einen entlässt. Der Körper und der Geist gefangen, im hier und jetzt. Verharrend.
Der Sand der Zeit….fließt….langsam, behäbig…..
Es ist die Müdigkeit die so sicher ist, wie der Morgen der der Nacht folgt, die beginnt ihn irgendwann zu umschleichen zu umgarnen. Es der Wille der dagegen ankämpft. Gegen das Gefühl, gegen den Fluch, gegen den Drang.
Der Tag erwacht.
Ein Kampf der verloren geht.
Nur ein Lidschlag. Kein Traum. Keine Ruhe. Es ist kalter Stein auf dem er liegt. Der Tag vergangen. Der Thron leer…
Nichts das dem Sachsen bleibt...
Nur die Ungewissheit.
Und eine unbestimmte Zukunft....