Post by Angelique on Oct 13, 2015 11:02:16 GMT
Der Jubel der Menge verebbte auch nicht in der Tiefe der Nacht. Apollonia de Andesina brauchte weder ihre gesteigerten Sinne zu bemühen noch die sybillische Macht ihres alten Blutes in sich hinein zu rufen. Auf und ab schwoll der Jubel und für den Moment war sie wieder in die gloriosen alten Tage versetzt, als die Sterblichen so zahlreich wie die Sterne in der Stadt gewesen waren - vor dem großen Sterben, als der Sumpf und der Hunger die holten, die die stinkenden, haarigen Tiere übersehen hatten. Aber die rituellen Opfer waren geblieben. Längst war das Amphitheater zu einer Festung geworden, denn die Barbaren waren wieder da, nicht nur die Germanen auch die Araber. Aber die Feste wurden immer noch in ihm gefeiert wie seit tausend Jahren. Das Brüllen der sterbenden Stiere, deren Blut über verschlungen Tonrohre in die Tiefen des vergessenen Kryptoportikus hinabplätscherte, ins Labyrinth des alten Orakels. Im Becken des Mithras, erbaut über Opfersteinen der cthonischen Götzen der Kelten hob Apollonia ihre schlanken Arme in die Höhe und lachte, als das Stierblut sich in einem Schwall über sie ergoss. "Deine kleine, süßblütige Pilgerin ist da," flüsterten da die Stimmen wie ein griechischer Chor.
Ja, am Eingang ihrer Kulthalle stand ihr rehäugiges Kind der Nacht. Angelique, ihr kleiner Engel des Todes, ihre geschickte, kühle Hand an den Schätzen der Löwen, Schatten und Rosen.
Seit ihrer Geburt folgte sie ihr in der Nacht wie ein Schatten, gab ihr Einsichten, formte sie wie die Götter den roten Lehm, als sie sich den Menschen als Sklaven schufen. Ihr kleiner, immer noch junger Geist war noch nicht völlig zum zerbrochenen Spiegel geworden, der alle Wahrheiten zeigte. Der kindliche Glaube an den Zimmermann musste ihr behutsam genommen werden und durch das Bewußtsein ersetzt, selbst ein Gott zu sein.
Angelique - eigentlich Marie, aber Appollonia hasste diesen Namen, die plumpe Umdeutung der Göttin Isis mit dem Horuskind ihrer Heimat durch die Christen - stand ergriffen zwischen den beschädigten Statuen alter Schönheit und starrte sie wie eine Mondsüchtige an. Apollonia lächelte milde und gütig und mit blitzenden Fängen, die selbst die die Blutsklaven Wotans und Welpen des Essers des Mondes zu fürchten gelernt hatten. "Mein geliebtes Kind, gesegnet seiest du tausendfach!"
Angelique glaubte fast, dass ihr kleines Herz wieder zu schlagen begann. Wie wunderschön die Madonna Nigra doch war! Blut lief in Strömen ihren makellosen braunen Leib hinab. Die Augen der Herrin funkelten mit der Weisheit des Engels, der sie geworden war, bar jeder sündigen Verschmutzung der Welt, geläutert zur Perfecti geworden, nicht hungernd nach Speise und irdischem Begehren, nur genährt vom Manna des Blutes, das Seele war. Fast traten ihr wieder die roten Tränen in die Augen vor Liebe und Dankbarkeit, dass die Madonna Nigra sie erwählt hatte, nie sündig zu werden und ihren Engel in ihr erweckt hatte, als sie noch unbefleckt und rein war, nicht besudelt von Hurerei oder der Erbsünde des Kindbetts. In die Stimme ihrer engelshaften Herrin mischte sich die Stimme ihres eigenen Engels. Sie sah auf und schaute ihr Spiegelbild, schöner und blasser als der Mond, mit wehenden Haaren und schwarzen Seraphenflügeln. "Bring des Heiligen Segen über der Ligurer Stadt, die sich aus den Trümmern erheben wird!" sang ihr himmlisches Selbst mit der Klarheit der allerersten Nacht. Entrückte Verzückung ließ Angelique am ganzen Körper erbeben.
Apollonia war überrascht. Nie fiel Angelique ihr ins Wort. Aber das Blut, das aus ihren Augen quoll und aus ihrem abgetragenen Pilgergewand ihre Beine auf die nackten Füsse tropfte, zeugte von einer Vision. Und als sie die Worte hörte, verstand sie und lächelte wölfisch. Es wurde Zeit für eine neue Pilgerfahrt ihres Kindes.
Ja, am Eingang ihrer Kulthalle stand ihr rehäugiges Kind der Nacht. Angelique, ihr kleiner Engel des Todes, ihre geschickte, kühle Hand an den Schätzen der Löwen, Schatten und Rosen.
Seit ihrer Geburt folgte sie ihr in der Nacht wie ein Schatten, gab ihr Einsichten, formte sie wie die Götter den roten Lehm, als sie sich den Menschen als Sklaven schufen. Ihr kleiner, immer noch junger Geist war noch nicht völlig zum zerbrochenen Spiegel geworden, der alle Wahrheiten zeigte. Der kindliche Glaube an den Zimmermann musste ihr behutsam genommen werden und durch das Bewußtsein ersetzt, selbst ein Gott zu sein.
Angelique - eigentlich Marie, aber Appollonia hasste diesen Namen, die plumpe Umdeutung der Göttin Isis mit dem Horuskind ihrer Heimat durch die Christen - stand ergriffen zwischen den beschädigten Statuen alter Schönheit und starrte sie wie eine Mondsüchtige an. Apollonia lächelte milde und gütig und mit blitzenden Fängen, die selbst die die Blutsklaven Wotans und Welpen des Essers des Mondes zu fürchten gelernt hatten. "Mein geliebtes Kind, gesegnet seiest du tausendfach!"
Angelique glaubte fast, dass ihr kleines Herz wieder zu schlagen begann. Wie wunderschön die Madonna Nigra doch war! Blut lief in Strömen ihren makellosen braunen Leib hinab. Die Augen der Herrin funkelten mit der Weisheit des Engels, der sie geworden war, bar jeder sündigen Verschmutzung der Welt, geläutert zur Perfecti geworden, nicht hungernd nach Speise und irdischem Begehren, nur genährt vom Manna des Blutes, das Seele war. Fast traten ihr wieder die roten Tränen in die Augen vor Liebe und Dankbarkeit, dass die Madonna Nigra sie erwählt hatte, nie sündig zu werden und ihren Engel in ihr erweckt hatte, als sie noch unbefleckt und rein war, nicht besudelt von Hurerei oder der Erbsünde des Kindbetts. In die Stimme ihrer engelshaften Herrin mischte sich die Stimme ihres eigenen Engels. Sie sah auf und schaute ihr Spiegelbild, schöner und blasser als der Mond, mit wehenden Haaren und schwarzen Seraphenflügeln. "Bring des Heiligen Segen über der Ligurer Stadt, die sich aus den Trümmern erheben wird!" sang ihr himmlisches Selbst mit der Klarheit der allerersten Nacht. Entrückte Verzückung ließ Angelique am ganzen Körper erbeben.
Apollonia war überrascht. Nie fiel Angelique ihr ins Wort. Aber das Blut, das aus ihren Augen quoll und aus ihrem abgetragenen Pilgergewand ihre Beine auf die nackten Füsse tropfte, zeugte von einer Vision. Und als sie die Worte hörte, verstand sie und lächelte wölfisch. Es wurde Zeit für eine neue Pilgerfahrt ihres Kindes.