Yasir
Assamiten
sleeping
Posts: 219
|
Post by Yasir on May 3, 2015 7:21:09 GMT
958 A.D. Weit im Osten von La Superbia, der stolzen Stadt, im Süden des Platea Longa, aber in Sichtweite Mascharanas sowie in unmttelbarer Nähe von San Damiano, kniete ein Mann in einem langen dunkelgrauen und robenartigen Gewand auf dem Boden. War dies allein noch kein besonders denkwürdiger Anblick, so wurde er in ein etwas anderes Licht gerückt, als man erkannte, dass er neben einem anderen Mann kniete, welcher scheinbar reglos auf dem Boden lag. In der Ferne waren deutlich Schritte zu hören, die sich sehr hastig vom Ort des Geschehens entfernten. Der kniende Mann hatte seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen und war dabei, wort- und auch erstaunlich regungslos eine Wunde zu untersuchen, die der auf dem Boden Liegende wohl erlitten hatte. Der Blick das Kapuzenträgers glitt kurz hinauf zu den massiven Mauern von San Damiano und murmelte dann einige Worte in einer seltsamen Sprache, die für einheimische Ohren wohl wie das wilde Keifen eines Hundes klingen musste.
|
|
|
Post by Benedetto on May 3, 2015 14:17:47 GMT
Benedetto war gereizt. Er hatte einen längeren Spaziergang gemacht, um seine Gedanken zu ordnen und vielleicht ein Opfer zu finden, das den Hunger verzögern würde. Doch dann waren seine Kontemplationen von der Erkenntnis unterbrochen worden, dass er beinahe schon Mascharana betreten hatte. Dieses Viertel wollte er derzeit nun wirklich nicht aufsuchen, angesichts seines Abkommens mit Maximinianus und all den Unannehmlichkeiten, die daraus erwachsen waren.
Gerade, als er die Richtung geändert hatte und nach Westen, zum Hafen abgedreht war, hätte ihn beinahe jemand über den Haufen gerannt. Benedetto war zu verdutzt, um zu reagieren, also sah er dem Fliehenden nur nach und schüttelte den Kopf. Dann richtete er sich auf, nahm seinen Weg wieder auf und versank erneut in trüben Gedanken.
Sein Blick wanderte zu San Damiano und er studierte die Kirche. Es schien, als würde er für einen Moment auf Worte lauschen, die nur er selbst hören konnte. Sein Blick wurde glasig und seine Zunge leckte über die bleichen Lippen. Dann zuckte er zusammen und eilte rasch weiter - und so kam es, dass er beinahe über die kniende Gestalt gestolpert wäre, die in ihrem grauen Mantel wahrlich nicht besonders gut zu erkennen gewesen war.
"Verzeiht, ich..." brachte er hervor, bevor er den Körper bemerkte, über den die Gestalt sich beugte. Dann runzelte er die Augenbrauen und trat einen Schritt zurück. "In Gottes Namen, was tut ihr da?"
|
|
Yasir
Assamiten
sleeping
Posts: 219
|
Post by Yasir on May 3, 2015 14:43:58 GMT
Als die dort hockende Gestalt beinahe über den Haufen gerannt, spätestens aber, als sie angesprochen wurde, richtete sich ihr Blick auf den Kappadozianer, dem in diesem Moment wohl auffallen dürfte, dass der Fremde in vielerlei Hinsicht das komplette Gegenteil von Benedetto war. Obwohl die Robe weit fiel, konnte man eine eher zierliche Gestalt darunter vermuten. Doch das auffälligste war sicher die dunkle Hautfarbe, die so viele Bewohner in ihren Träumen verfolgte. Dabei wirkte das Gesicht keineswegs auch nur im geringsten aggressiv. Es war ein Gesicht wie jedes andere, nur eben dunkler. Der Fremde besaß einen gepflegten Bart und mochte um die dreißig Lenze alt sein. In seinem Blick, der erstaunlich rasch und aufmerksam an der Benediktinerkluft des Kainiten hinab glitt, konnte er weder Angst noch Schuld erkennen, sondern lediglich Skepsis und eine gewisse Portion Neugier.
"Wonach sieht es aus? Dieser Mann wurde auf offener Straße niedergestochen, noch dazu im Antlitz des Heiligen Damian, des Schutzpatrons der Heilkundigen! Ich will sehen, ob er noch zu retten ist." Mit diesen Worten entließ der Araber, dessen dunkle, volltönende Stimme bewies, dass er des Italienischen, wenn auch nicht akzentfrei, mächtig war, den Mönch aus seinem Blick und öffnete die Kleidung des bewusstlosen Mannes, um mit fachkundigem Blick die verursachten Schäden zu begutachten. Zweifellos stieg dabei der süße Duft der frischen Vitae auf.
|
|
|
Post by Benedetto on May 3, 2015 15:23:28 GMT
Der Kappadozianer griff in den Beutel, der an seiner Seite hing und zog ein kleines Messer heraus, welches er vor sich hielt. "Rührt ihn nicht an." Die Hand zitterte leicht, doch die Stimme klang fest und entschlossen. Benedetto leckte sich erneut die Lippen und seine Nase zog den Geruch des Blutes ein. "Für mich sieht es aus, als sei ein Spion der mordbrennenden Sarazenen überrascht worden und hätte den Zeugen zum Schweigen gebracht!" Er machte einige Schritte zurück und wirkte, als würde er gleich versuchen zu fliehen.
Dabei wandte er den Kopf hin und her, wohl in der Hoffnung Mitglied der Wache oder der Miliz zu sehen. Es wirkte so, als würde der Dicke gleich um Hilfe schreien wollen, denn er öffnete bereits den Mund.
|
|
Yasir
Assamiten
sleeping
Posts: 219
|
Post by Yasir on May 3, 2015 15:35:48 GMT
Der Sarazene schien kein Interesse daran zu haben, ihn vom Schreien abzuhalten. Er hob lediglich eine der schwarzen Augenbrauen und veränderte die Körperhaltung ein klein wenig, um den Benediktiner im Auge behalten zu können, machte aber keinerlei Anstalten, vom Verletzten zurück zu treten. "Dann seid Ihr wohl dumm. Wieso sollte ich den Mann erst niederstechen und dann behandeln? Der Mörder muss euch entgegen gerannt sein." Aus seinm Mantel holte er ein merkwürdig geformtes Stück Leinenstoff hervor, das er dem Mann um die Brust schnürte, wo er getroffen worden war, direkt auf die Wunde. Er schien sich um Benedetto und dessen Gebaren gar nicht weiter zu kümmern, auch wenn er ihn weiterhin im Blickfeld behielt und ihm sicher auch nicht erlauben würde, in seinen Rücken zu gelangen.
|
|
|
Post by Benedetto on May 3, 2015 15:53:28 GMT
Verblüfft klappte der fette Mönch den Mund zu, aber er beäugte den anderen weiterhin skeptisch. Man konnte förmlich sehen, wie es in seinem Kopf arbeitete. Was ihn schlussendlich dazu bewog, nicht doch Hilfe zu suchen, schien das Anlegen des Verbandes zu sein. Er hob die Augenbraue und begutachtete das Vorgehen des anderen. Das Messer hielt er weiterhin in der Hand - fachkenntlich geschulte Augen mochten darin ein Operationsbesteck erkennen - doch nun war es leicht gesenkt, da die Konzentration des Mönches ganz auf dem Werk des Sarazenen lag.
Dann nickte er anerkennend. Langsam trat er wieder näher. "Ich sehe, dass ihr zumindest in dieser Hinsicht die Wahrheit sagt..." Der Mönch schnalzte mit der Zunge. "Eine interessante Technik, die ihr verwendet. Entschuldigt mein Misstrauen, aber ich habe die Zerstörungen aus erster Hand erlebt, welche die Sarazenen hier angerichtet haben." Er dachte kurz nach. "Aber ihr, ihr kennt den heiligen Damian. Seid ihr ein Christ?"
|
|
Yasir
Assamiten
sleeping
Posts: 219
|
Post by Yasir on May 3, 2015 16:04:23 GMT
Nachdem der Verband angebracht worden war erhob der Fremde sich zu voller Größe. Er war nicht besonders groß, eher von durchschnittlichem Wuchs. An der Art wie die Robe fiel, konnte man aber schließen, dass er tatsächlich recht schmal gebaut sein musste. Die Kleidung wies keinerlei Symbole oder ähnliches auf, sie war einfach nur dunkelgrau. Noch immer ruhte die Kapuze auf dem Gesicht des Moslem, doch der Bart gab schon Aufschluss über das nachtschwarze Haar des Fremden, was aber ohnehin jeder wusste. Der dicke Benediktinermönch bekam einen weiteren Blick vom Fremden.
"Ich bin vieles, guter Mann. Zum Beispiel gerade erst angereist." Seine Stimme war unverändert dunkel und klang recht angenehm. Der Akzent, mit dem der Fremde italienisch sprach, dürfte für ungeübte Ohren recht fremdartig klingen. "Ihr seid ein Mann Gottes. Gewiss kennt Ihr einen Ort, wo Ihr den armen Tropf unterbringen und die Versorgung fortsetzen könnt, nicht wahr?"
|
|
|
Post by Benedetto on May 3, 2015 20:13:23 GMT
Benedetto hob die Arme. "Werter Freund, es ist mitten in der Nacht und ich bin alleine. Es gibt zwar eine Krankenstube in meinem Kloster, aber der Weg dorthin ist weit und ich glaube nicht, dass dieser Mann den Transport dorthin gut überstehen würde, sofern wir einen solchen überhaupt auf die Beine stellen könnten. Nein, dies ist eine Angelegenheit der Wachen und wir sollten sie entsprechend melden." Während all dieser Worte starrte er fasziniert auf den Verband. Dabei rieb er den Zeigefinger gegen den Daumen seiner rechten Hand, wieder und wieder.
|
|
Yasir
Assamiten
sleeping
Posts: 219
|
Post by Yasir on May 3, 2015 20:27:57 GMT
Skepsis schlich sich in den Blick des Arabers, als er Benedettos Geste beobachtete. Dann glitt sein Blick ein weiteres Mal über das fette, aufgequollene Antlitz, das einen mehr als ungesunden Eindruck vermittelte. Kurz verdüsterte sich sein Blick und es trat eine unmerkliche Veränderung in seiner Haltung ein. Er wirkte ernsthafter und wenn sein Blick zuvor zwar von unverhohlener Skepsis durchdrungen war, so stand dort nun deutliche Abneigung. "Seid Ihr ein richtiger Mönch?" Scharf kam die Frage über seine Lippen.
Seelenschau: Nhda8Tqe5d10 5d10
|
|
|
Post by Benedetto on May 4, 2015 18:11:35 GMT
Die Frage schien den Fetten nun doch zu überraschen, denn seine Augen weiteten sich skeptisch. "Ich weiß nicht, wer ihr seid, Südländer, aber mir reicht diese Scharade! Ihr - der Verwundete - und dann lenkt ihr von meiner Frage ab, wollte keine Hilfe rufen..." Er schüttelte den Kopf und wandte sich eiligen Schrittes zum Gehen. Offenbar reichte es ihm, von dieser verdächtigen Gestalt beleidigt zu werden. Nervös blickte er dabei über die Schulter.
---
Yasir konnte in Benedettos Aura keine Farben erkennen, aber der blasse Schimmer war eindeutig: Sein Gegenüber gehörte zu den wandelnden Toten. In diesem Fall sogar zu den eilig wandelnden Toten angesichts des schnellen Schrittes, den der Fette nun eingeschlagen hatte.
|
|
Yasir
Assamiten
sleeping
Posts: 219
|
Post by Yasir on May 4, 2015 18:41:29 GMT
Wäre der Kappadozianer nicht so bestrebt, die Szene zu verlassen, würde er die erneute Veränderung in der Mimik des Arabers erkennen. Ein Hauch von Erleichterung, auch wenn der Ärger noch nicht gewichen war. Als der Banu Haqim erneut sprach, nachdem er sich vergewissert hatte, dass niemand da war, der zuhören konnte, war die Schärfe in seiner Stimme noch stärker geworden und er schien überaus geübt darin zu sein, sie tatsächlich wie eine Peitsche zu benutzen und demjenigen, der sie vernahm, Striemen auf die Wange zu zaubern. "Da, wo ich herkomme, könnte in einem solchen Fall das Involvieren der einfachen Bürger als Gefährdung der Stille des Blutes angesehen werden." Einen winzigen Moment lang zögerte er, lang genug, um eine Wirkung bei Benedetto hervorzurufen, ehe er fortfuhr: "Es scheint, dass Dinge hier wirklich anders gehandhabt werden." Nun war die Schärfe etwas gewichen und hatte einer gewissen Versöhnlichkeit Platz gemacht.
|
|
|
Post by Benedetto on May 4, 2015 19:45:16 GMT
Der dicke Mönch blieb abrupt stehen und drehte sich langsam um. Er runzelte die Stirn und trat näher an den Araber heran. Einen Moment dachte er nach, dann sprach er. "Und dort, wo ich herkomme, gibt man sich zu erkennen, bevor man mit Stillebrüchen argumentiert." Die Worte waren leise, aber scharf. Doch es war ihm anzusehen, dass er nun ein wenig beruhigter wirkte. Er verneigte sich leicht, eine Geste, die Respekt und Vorsicht gleichermaßen ausdrückte.
"Mein Name ist Benedetto, Neugeborener vom Clan des Todes und Kind des Angelo di Sorrento." Der Kappadozianer rieb sich das Kinn. "Aber das wisst ihr ja vielleicht bereits? Mir scheint, jemand hat euch von mir erzählt... Ich fürchte, dass ich euch gegenüber im Nachteil bin, denn ich wusste nichts von eurer Ankunft in Genua."
|
|
Yasir
Assamiten
sleeping
Posts: 219
|
Post by Yasir on May 4, 2015 20:02:51 GMT
Der Araber sagte zunächst nichts, sondern ließ den Kappadozianer ausreden, erwiderte aber das respektvolle Nicken großmütig, wenngleich keine nennenswerte Vorsicht daraus sprach. Nicht mehr zumindest als schon aus der gesamten Körperhaltung sprach, die den Fremden wie eine einsatzbereite Sprungfeder wirken ließ. "Ihre Majestät war so gnädig, mir das Gastrecht zuzusprechen. Warum ihr davon nichts wisst, kann ich Euch nicht sagen, Bruder Benedetto", erwiderte er, aber nicht ohne dem vorletzten Wort einen durchaus ambivalenten Unterton mitzugeben. Erneut eine kurze Pause, die der Araber dazu nutzte, sich die Kapuze der grauen Kutte vom Kopf zu streichen, worunter das recht kurz geschorene schwarze Haar zum Vorschein kam, das wohl nicht weiter überraschte. "Ich bin Yasir, Neugeborener der Banu Haqim, Kind von Mummun."
|
|
|
Post by Benedetto on May 4, 2015 21:33:08 GMT
"Ich bin nicht in der Position, die Entscheidungen ihrer Majestät zu hinterfragen, werter Yasir. Nun, aber es freut mich, euch kennenzulernen." Da war noch immer eine Spur Skepsis in der Stimme - schließlich hatten Yasirs sterbliche Verwandte viel Leid nach Genua gebracht - doch gleichzeitig hörte der Banu Haqim noch etwas anderes: Neugier. "Ich muss gestehen, ihr seid das erste Mitglied eures Clans, das mir begegnet. Die Banu Haqim..." Er schien darüber nachzudenken.
Dann fiel sein Blick wieder auf den Verwundeten. "Bitte nehmt meine Entschuldigung an, wenn ich euch bei der Jagd gestört habe. Allerdings ist dieser Ort auch sehr einsichtig für solche Zwecke."
|
|
Yasir
Assamiten
sleeping
Posts: 219
|
Post by Yasir on May 5, 2015 8:01:22 GMT
Der Fremde folgte dem Blick des Kappadozianers und richtete seine Aufmerksamkeit dann mit einer leicht angehobenen rechten Augenbraue wieder auf den anderen Vampir. "Diesem armen Sethkind zu helfen war tatsächlich meine einzige Absicht. Leider habe ich die Gelegenheit verpasst, den Angreifer zu verfolgen." Sein Blick richtete sich dabei nachdenklich auf Straße, von der Benedetto kam und auf der ihm der vermeintliche Angreifer entgegen gelaufen war. Einen kurzen Moment verblieb er so, ehe er den Blick wieder auf den fetten Untoten richtete. "Ihr habt Recht: Unsereins verschlägt es eher selten in diese Lande, zumindest auf offiziellem Wege. Ich darf Euch allerdings dahingehend beruhigen, dass ich mich von vielen meiner Clansgeschwister unterscheide, nicht zuletzt in Hinblick auf meinen Wissensdurst, der mich hierher in die stolze Stadt führte. Stolz und ungebrochen, wie es scheint." Erneut folgte eine Pause. "Ich hoffe doch sehr, dass Ihr nicht beabsichtigt, so etwas Banales wie die Hautfarbe oder die Kultur einem Wissensaustausch im Weg stehen zu lassen." Am Ende hatte die dunkle, volle Stimme mit dem ungewöhnlichen Akzent einen leicht fragenden Unterton angenommen.
|
|